Bühnendeutsch lernen: ein Erfahrungsbericht

phonetische Markierung

Mein Schauspielkollege Uwe Peter holt nach vielen Jahren Berufspraxis seinen Abschluss in Schauspiel an der Film Schauspielschule Zürich (FilmZ) nach. Wenn alles gut geht, hat er im nächsten Oktober ein Schauspieldiplom in der Hand. Die grösste Herausforderung stellt allerdings die Sprache dar. Bühnendeutsch zu lernen erfordert viel Einsatz und Geduld. Warum erfährst du in diesem Interview.

Dieser Artikel enthält Amazon Partner Links, was bedeutet, dass ich eine Kommission erhalte, solltest du durch einer der Links auf meiner Seite etwas einkaufen.
Für dich entstehen dabei keine Mehrkosten. Um die Datenschutzbestimmungen anzusehen, klicke bitte hier. Danke für deine Unterstützung!
Autorin: Isabel Sulger Büel, veröffentlicht: 16. April 2021,  letzte Aktualisierung: 7. Juli 2023.

1. Uwe du bist jetzt seit Oktober 2020 an der Film Schauspielschule Zürich (FilmZ) im Schauspielunterricht. Wie viele Monate übst du nun Bühnendeutsch? Und wie viele Stunden pro Woche in etwa?

Ich übe täglich mit verschiedenen Übungen, sei es mit der Methode der Überartikulation, oder vor dem Spiegel, um nicht zu sehr in die Breite zu sprechen, sondern eher eine Schnute zu machen, oder generell mit den Lippen nach vorne zu sprechen.

Ausserdem habe ich mir Übungen aus dem Buch «Sprechtechnisches Übungsbuch» fotografiert, um mit ihnen zu arbeiten.

Am meisten hat mich bisher das Thema von «E/Ä» beschäftigt und das klappt schon viel besser als zu Beginn.

Ausserdem übe ich über das Gehör, indem ich auf Google mir die Worte vorsprechen lasse.

Was auch eine super Übung ist, ist dass ich mir die Lautschrift über die Worte oder einzelnen Buchstaben schreibe, und so auf dem ersten Blick sehe, ob es sich um ein offenes langes E oder ein kurz gesprochenes E handelt.

2. Was macht dir am meisten Spass daran Bühnendeutsch zu lernen?

Am meisten Spass macht mir, dass man auf diese Weise eine neue Art des Sprechens lernt und man von allen verstanden wird, da es hilft die Deutlichkeit und die Artikulation der Sprache zu verbessern.

Man kann durch die Methodenkompetenz, welche man sich in diesem Lernprozess aneignet, die Sprache verschiedener Figuren noch besser gestalten und mit der Sprache noch besser spielen und dadurch verändern.

3. Was bereitet dir am meisten Mühe am Erlernen von Bühnendeutsch?

Die phonetischen Regeln und die Zungenbeweglichkeit. Zu lernen, wie die Zunge bewegt werden muss damit man den richtigen Laut ausspricht und wie man die richtige Kombination von Bewegungen ausübt und damit die korrekte Aussprache kriegt.

4. Wie hast du dich mit der phonetischen Schrift auseinandergesetzt?

Ich habe in den bisherigen schauspielerischen Ausbildungen nie etwas von Phonetik, oder phonetischer Schrift gehört deshalb war das für mich etwas komplett Neues. Ich habe bis jetzt nicht die alle phonetischen Zeichen auswendig gelernt, aber ich habe einen Spick, um meine Texte mit ihnen zu beschriften, falls dies nötig ist. Diesen Spick habe ich auch, damit ich mich mit ihnen beschäftige und damit das Wort, durch seine Hilfe, von mir korrekt ausgesprochen wird.

5. Hast du irgendwelche Tipps und Tricks, welche du unserer Lesendenschaft weitergeben kannst?

Vor dem Spiegel üben und sich selbst und vor allem die eigenen Mundbewegungen und Lippenbewegungen beobachten. Um die Aussprache zu üben höre ich mir die Aussprache der Worte im Internet an. Dabei suche ich auf Google nach dem Wort und Aussprache.

6. Von deinem kulturellen Hintergrund hergesehen, ist Deutsch deine Muttersprache. Warum musst du nochmal Deutsch lernen?

Deutsch als Muttersprache ist nicht dasselbe wie Bühnendeutsch. Durch die Prägungen meines Elternhauses und meiner Umgebung, welche «Schweizerdeutsch» spricht, also einen Schweizer Dialekt, hat meine Aussprache eine dialektale Einfärbung erhalten. Im privaten Gebrauch spricht man meistens nicht Bühnendeutsch, sondern spricht in seinem Dialekt. Wenn man nun als schauspielende Person im privaten Rahmen spricht, also mit seiner Familie oder seinen Freunden, fällt man gerne in seinen angestammten Dialekt zurück.

7. Wozu brauchen Schauspieler*innen und Schauspieler Bühnendeutsch?

Man braucht es, weil es die Standardsprache der Bühnenschauspielenden ist. Dabei hilft es uns Schauspielenden in unsere Figuren und Charaktere zu schlüpfen und dadurch auch eine andere Aussprache oder Sprechart annehmen zu können, sollte mal etwas anderes als Bühnendeutsch gefragt sein. Man kann die Stimme viel mehr modulieren, bearbeiten, verstellen und man spricht deutlicher.

Bei einem Filmschauspielenden sieht das nochmals ganz anders aus. Es ist wichtig das auch Filmschauspielende eine gute Aussprache haben, aber dort sind öfters dialektale Einfärbungen gefragt oder teilweise sogar gewünscht.

8. Welches Ziel hast du dir gesetzt? Was willst du in Bezug auf die Sprache und Aussprache bis zu deinem Abschluss erreichen?

Mein Ziel ist es Bühnendeutsch so gut zu beherrschen das ich Texte korrekt sprechen kann. Weiter ist es mein Ziel, dass ich die Phonetik-Regeln so beherrsche, dass ich sie auf neue Texte anwenden kann und diese mit der Hilfe der Phonetik-Regeln erarbeiten kann.

Ausserdem habe ich als Abschlussprüfung die Aufgabe einen 40-minütiges Textprogramm zusammenzustellen, welches ich natürlich mit einwandfreiem Bühnendeutsch präsentieren möchte und soll. Dies dann auch mit Texten aus verschiedenen Epochen, welche alle natürlich klingen und sinngemäss interpretiert werden sollen, egal wie kompliziert und komplex die Texte geschrieben sind.

Dann möchte ich deutlicher sprechen, korrekt sprechen und beim Theaterspielen zwischen Bühnendeutsch und dialektalen Einfärbungen wechseln können.

9. Glaubst du mit dem Beherrschen von Bühnendeutsch Vorteile im Arbeitsmarkt zu haben?

Auf jeden Fall, gerade an staatlichen Theaterhäusern ist Bühnendeutsch erwünscht und eine Fertigkeit, welche man beherrschen muss. Wie ich oben schon betont habe fällt mir immer mehr auf, dass man die Schauspielenden und Darstellenden in Kinofilmen oder im Fernsehen nicht mehr gut versteht da die Sprache nur noch so dahin «geschludert» wird und kein grosses Augenmerk mehr auf die Aussprache gelegt wird. Im Film sind Dialekte immer mehr erwünscht, weil durch die dialektalen Färbungen die Szenen «authentischer» wirken.

Mir liegt die deutsche Sprache am Herzen und ich weiss, dass im Deutschenschauspielmarkt egal ob dies im Fernsehen, Filmgeschäft oder auf der Bühne ist, Bühnendeutsch immer noch sehr hoch gewertet und eine sehr wichtige Fertigkeit ist, um Vorteile auf dem Arbeitsmarkt zu haben.

Klar, es ist auch wichtig, um sich selbst besser verkaufen zu können, weil man eine zielsichere und überzeugende Bewerbung einreichen kann und es einem hilft, um überhaupt für ein Casting oder Vorsprechen eingeladen zu werden.

 

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert


The reCAPTCHA verification period has expired. Please reload the page.