Darstellende Künste

Ich hätte mir oft gewünscht jemand hätte mir geholfen und mich aufgeklärt, wie es in der Branche der darstellenden Künste wirklich zu und her geht. Es gibt so viele Gerüchte, die von Personen, die sich völlig ausserhalb dieses Metiers bewegen, gestreut werden. Damit will ich aufräumen. Vielleicht nehme ich damit diesen Berufen einen Teil ihrer Faszination weg. Andererseits erfährst du wie es wirklich aussieht und kannst besser einschätzen, ob du wirklich berufen bist, in dieser Branche zu arbeiten.

Du findest hier also verschiedenes zu den Bereichen, Film, Theater und Musical.

Bertolt Brecht Statue

Zusammenfassung von Bertolt Brechts Kleinem Organon für das Theater

Diese Zusammenfassung des Kleinen Organons für das Theater kann sich in keiner Weise auf Vollständigkeit berufen, weil die Theatertheorie von Bertolt Brecht schlicht zu komplex ausgeführt ist. Die wichtigsten Aussagen der 77 Paragraphen des Organons, sind aber so gut als möglich zusammengefasst worden. 

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Autorin: Isabel Sulger Büel, veröffentlicht: 10. April 2024.

Vorrede

Bertolt Brecht will eine Ästhetik auf eine Theaterpraxis untersuchen, die seit einigen Jahrzehnten entwickelt wird. Angestrebt wurde ein Theater des wissenschaftlichen Zeitalters, welches nun auf seine Stellung in der Ästhetik geprüft oder zumindest angedacht werden soll. Brecht will das Theater als eine Stätte der Unterhaltung untersuchen, um herauszufinden, welche Ästhetik uns (ihm) zusagt:

  1. Brecht definiert Theater als etwas, das darin besteht, dass es lebende Abbildungen von überlieferten oder erdachten Geschehnissen zwischen Menschen herstellt, und zwar zur Unterhaltung. Dies gilt sowohl für neues als auch altes Theater.
  2. Brecht erweitert auf Geschehnisse zwischen Menschen und Göttern, um diese sogleich zu widerlegen und sich auf das Minimum zu beschränken. Theater muss allerdings eine Vergnügung blieben, da dies die «nobelste Funktion» ist, welche für Theater gefunden wurde.
  3. Theater müssen der Unterhaltung, dem Spass dienen und dürfe auf keinen Fall zur «einem Markt der Moral» werden. Es sollte sein Publikum auch nicht lehren wollen, ausser wenn man sich darin genussvoll in körperlicher und geistiger Hinsicht bewegt. Es soll etwas überflüssiges bleiben, was bedeutet, dass man für den Überfluss lebt, denn weniger als alles andere bräuchten Vergnügungen eine Verteidigung.
  4. Selbst Aristoteles Tragödientheorie sei nichts weiter, als zur Unterhaltung gedacht und Theater sei nicht aus den kultischen Mysterien und den daraus resultierenden Auszügen entstanden sei, sondern rein aus dem Vergnügen dieser Kulte entstanden.
  5. Der Kunst ist es egal, ob sie niedrig- oder hochstehen ist, solange sie damit die Leute vergnügt.
  6. Dagegen gibt es nach Bertolt Brecht schwache (einfache) und starke (zusammengesetzte) Vergnügungen, wobei er die Zusammengesetzten (komplexen) als Teil der grossen Dramatik sieht. Diese sind verzweigter, reicher, widersprüchlicher und folgenreicher in ihren Vermittlungen. (grosse Dramatik verstehe ich als die grossen Dramen der Literatur)
  7. Die Vergnügungen unterscheiden sich, je nach Zeit in welchen sie existierten. Die attische Demokratie wollte anders Unterhalten werden als König Ludwig der vierzehnte. Je nachdem musste Theater andere Abbildungen des menschlichen Zusammenlebens und in anderer Art zeigen.
  8. Brecht fügt an dieser Stelle Beispiele für die unterschiedlichen Situationen der Unterhaltung an, welche von den Hellenen und ihrer Unentrinnbarkeit göttlicher Gesetzlichkeiten, deren Unkenntnis nicht vor Strafe schützt, über die Franzosen mit Ihrer graziösen Selbstüberwindung zu den Engländern der elisabethanischen Ära und ihrer Selbstbespiegelung des sich frei austobenden neuen Individuums führt.
  9. Brecht sagt, dass die Vergnügungen an den unterschiedlichen Abbildungen kaum von dem Grad von der Ähnlichkeit des Abbilds mit dem Abgebildeten abhingen, sondern, dass Unkorrektheit, selbst starke Unwahrscheinlichkeit wenig bis gar nicht störte, solange diese eine gewisse Konsistenz hatte und die Unwahrscheinlichkeit von derselben Art blieb.
  10. Wenn man alle Abbildungen, welche seit der Antike im Theater gemacht wurden, berücksichtigt und dabei davon ausgeht, dass sie trotz ihrer Unkorrektheit und Unwahrscheinlichkeit unterhalten haben, stellen wir fest, dass diese uns auch heute noch unterhalten.
  11. Wenn wir uns an Abbildungen aus so verschiedenen Zeitaltern ergötzen können, was die Lebenden der damaligen Zeiten nicht tun konnten, müssen wir dann doch den Verdacht schöpfen, dass wir die Unterhaltung unseres eigenen Zeitalters noch gar nicht entdeckt haben.
  12. Brecht meint, dass wir die klassischen Werke mit einer neuen Methode, jener der Einfühlung interpretieren. Diese wären aber damals weniger wichtig gewesen. Wir speisen einen Grossteil unseres Genusses aus anderen Quellen als jene, welche von unseren Vorfahren verwendet wurden. Das Theater zeige immer primitivere und sorglosere Abbildungen menschlichen Zusammenlebens und unsere Art zu geniessen sei dabei unzeitgemäss zu werden.
  13. Da wir anders zu dem Abgebildeten stehen als unsere Vorfahren, sind es die Unstimmigkeiten in den Abbildungen der Geschehnisse, was unseren Genuss im Theater schmälern würde.
  14. Wenn wir nach einer unmittelbaren Unterhaltung suchen, nach einem umfassenden Vergnügen, dann müssen wir an uns als eine Gesellschaft (Brecht sagt Kinder) des wissenschaftlichen Zeitalters denken. Unser Leben sei von einem (ganz) neuen Umfang durch die Wissenschaft bestimmt.
  15. Brecht beschreibt in einer sehr poetischen Art und Weise die Industrialisierung und deren Massenproduktion in Grossfabriken.
  16. Brecht beschreibt poetisch, wie die Geschwindigkeit der Industrialisierung über die Generationen von seinem Grossvater bis zu seinem Sohn zunimmt. Er beschreibt die Zeitabschnitte von Jahrzehnt zu Jahrzehnt, von Jahr zu Jahr und dann beinahe von Tag zu Tag. Er verwendet die Schreibmaschine, die bei seiner Geburt noch inexistent war, die Fahrzeuge, welche ihn in einer Geschwindigkeit bewegen würden, die sein Grossvater sich nicht vorstellen konnte, er fliege, was sein Vater nicht konnte, er telefonierte (sprach) mit seinem Vater über Kontinente hinweg und mit seinem Sohn habe er die bewegten Bilder (Fernsehen) der Explosion in Hiroshima gesehen.
  17. Die Wissenschaft habe zwar die Natur und die Umwelt stark geprägt, aber die Denk- und Fühlweise der Gesellschaft sei noch nicht berücksichtigt worden. Diese müsse von der wissenschaftlichen Denk- und Fühlweise noch durchdrungen werden.
  18. Aus Brechts Sicht wird Wissenschaft von einigen wenigen verwendet, um die Natur und andere Menschen auszubeuten und sich zu bereichern. Weiter wird ein immer grösserer Teil, von dem was der Fortschritt aller sein könnte, als Mittel für der Destruktion, nämlich für gewaltige Kriege verwendet (Brecht schrieb die meisten seiner theoretischen Schriften im Exil in den USA während des zweiten Weltkriegs. Quelle: VL Theatergeschichte des 20. Jh. Uni Bern HE 2021).
  19. Die neue Wissenschaft, die vor etwa hundert Jahren begründet worden sei, befasse sich mit dem Wesen der menschlichen Gesellschaft und entspringe aus dem Kampf der Beherrschten mit den Herrschenden. Seitdem sei etwas vom Wissenschaftlichen in der Arbeiterklasse vorhanden.
  20. Da sich nun aber sowohl Wissenschaft als auch Kunst das Leben der Menschen erleichtern sollen, das eine ist für den Unterhalt gedacht, das andere für die Unterhaltung. Hier verknüpft Brecht Kunst mit Wissenschaft, auf eine metaphorische Weise.
  21. Brecht stellt die Frage nach der Unterhaltung, die wir als Gesellschaft eines wissenschaftlichen Zeitalters in unserem Theater vergnüglich einnehmen wollen. Dabei spielen die Aspekte der produktiven Haltung gegenüber der Natur und gegenüber der Gesellschaft.
  22. Die Haltung, welche wir einnehmen wollen, sei eine kritische. Sie muss was immer Sie in Angriff nimmt Kultivieren, in unserem Fall muss sie die Gesellschaft Umwälzen. Brecht will seine (unsere) Abbildungen der Gesellschaft dem Theaterpublikum in ihre Herzen und Gehirne übermitteln, auf dass sie ihre Interessen, während dem Theaterschauen im Hinterkopf behalten, um sie danach nach ihrem Gutdünken in die Welt zu tragen und zu verändern.
  23. Theater muss zu den Arbeitern und Armen Leuten in die Vorstädte gehen und da gespielt werden, damit diese ihren Unterhalt ergattern (künstlerisch), unterhalten zu werden und selber (daraus) zu unterhalten (wirtschaftlich, wie ich das verstehe). Das Theater muss sich in der Wirklichkeit engagieren, um wirkungsvolle Abbilder der Wirklichkeit herstellen zu können und zu dürfen.
  24. Theater soll sich mit dem beschäftigen, was die Arbeiterklasse erfreut. Mit der Weisheit, welche von der Lösung der Probleme kommt, mit dem Zorn, in dem das Mitleid mit den Unterdrückten sich nützlich zeigen kann, mit dem Respekt vor der Respektierung des Menschlichen, das heisst dem Menschenfreundlichen.
  25. Daraus fliesst die Art und Weise wie Theater in seinem jeweiligen Kontext gemacht wird, was für die Zuschauenden erneut einen Genuss darstellen soll. Um dabei auch Kritik zu üben, muss das Theater nichts machen, kann aber viel tun. Selbst schwierige Themen (asozial) können der Gesellschaft Genuss bereiten, sofern sie lebendig und überzeugend (mit Grösse) auftritt.
  26. Die Zuschauenden in den gegenwärtigen Theatern seien reine Konsumenten, die zwar sehr wohl Vergnügen empfinden könnten, aber von jeglicher Tätigkeit entbunden seien. Dies sei ein unerwünschter Zustand.
  27. Brecht findet, dass man die Schauspielenden bewundern müsse, da sie mit einem dürftigen Abklatsch der Welt die Gefühle ihrer Zuschauenden so viel stärker bewegen könnten, als die Welt selbst es vermochte.
  28. Dabei sollten die Schauspielenden entschuldigt werden, sie können weder genauere Abbildungen der Welt noch ungenauere Abbildungen davon auf weniger magische Weise zeigen. Ausserdem ist den Zuschauenden vor allem wichtig, dass sie eine widerspruchsvolle Welt mit einer harmonischen vertauschen können, eine nicht besonders gut gekannte, mit einer die man träumen kann.
  29. In dieser Art sei das gegenwärtige Theater und es vermöge dadurch die wissenschaftliche Gesellschaft in eine eingeschüchterte, gläubige und gebannte Menge zu verwandeln.
  30. Brecht gesteht dem Theater ein, dass es seit etwa 50 Jahren etwas genauere Darstellungen der Gesellschaft zeigt, in dem es Figuren zeigte, die gewisse Übelstände aufwiesen oder sogar gegen die Gesamtstruktur der Gesellschaft rebellierten. Das Feld der menschlichen Beziehungen wurde sichtbar, aber nicht durchschaubar (sichtig) und die Empfindungen wurden auf die alte magische Art erzeugt, was Brecht kritisiert.
  31. Der wissenschaftliche Geist würde in den (Natur)wissenschaft festgehalten ohne auf die Geisteswissenschaft (menschliche Beziehungen) übertragen zu werden, was dadurch auch das Theater betrifft.
  32. Da wir herausgefunden haben, dass uns etwas vorenthalten wird, sollten wir den Vorhang dafür aufziehen.
  33. Das Theater wie es vorgefunden wird, zeigt die gegenwärtige Struktur der Gesellschaft auf der Bühne, die nicht beeinflussbar ist durch die Zuschauenden als Repräsentanten der Gesellschaft. Die überall Menschenopfer zeigt. Das Barbarische hat eine Kunst erschaffen. Machen wir eine andere.
  34. Brecht hat mit der Einfühlung in die Figuren auf der Bühne mühe. Er findet, dass die Zuschauenden dadurch nur das Milieu erfahren, was gezeigt wird, aber keine weitere Erkenntnis in Bezug auf die Gesellschaft erlangen.
  35. «Wir brauchen Theater, das nicht nur Empfindungen, Einblicke und Impulse ermöglicht, die das jeweilige historische Feld der menschlichen Beziehungen erlaubt, auf dem die Handlungen jeweils stattfinden, sondern das Gedanken und Gefühle verwendet und erzeugt, die bei der Veränderung des Feldes selbst eine Rolle spielen.» (Wörtliche Zitierung)
  36. Das Feld muss in seiner historischen Relativität gezeigt werden können. Dies bedeutet, dass die unterschiedlichen gesellschaftlichen Strukturen in ihrer Eigenheit gezeigt werden müssen und ihre Vergänglichkeit im Auge behalten, so dass auch unsere Zeit schon als vergänglich eingesehen werden kann.
  37. Wenn die Figuren auf der Bühne durch gesellschaftliche und je nach Epoche unterschiedliche Triebkräfte bewegt werden, dann erschweren wir dem Zuschauenden sich einzuleben. Die Zuschauenden können nicht bloss fühlen, sondern können höchstens zur Erkenntnis kommen, dass die Umstände, unter denen die Figuren handeln sonderbar sind und daraus erkennen, dass auch ihre Umstände, unter denen sie handeln, ebenfalls sonderbar sind und dies ist der Beginn der Kritik.
  38. Die «historischen Bedingungen» müssen als von Menschen gemacht erachtet werden (und auch, dass sie von ihnen geändert werden).
  39. Erst fragt sich Brecht, ob eine Person, die ihrer Epoche entsprechend spricht (antwortet) und in anderen Epochen dies ebenfalls tut, einfach alle darstellt. Daraus leitet er ab, dass jeder aus seiner Lage (Klasse) und seiner Zeit sprechen (antworten) würde. Darin sieht Brecht, dass der Zeitgeist im Sprechen mitschwingt.
  40. Dieser Zeitgeist im Sprechen erfordert eine Spielweise, die den Geist der Zuschauenden frei und beweglich hält. Der Geist muss, während dem Zuschauen laufend fiktive Montagen vornehmen können, durch welche die gesellschaftlichen Strukturen (Triebkräfte) in Gedanken abgeschaltet oder ersetzt werden. Durch dieses Verfahren bekommt das Bühnengeschehen etwas Unnatürliches wodurch die gesellschaftliche Struktur ebenfalls unnatürlich wird und handelbar wird. (Ich würde für die heutige Zeit das Wort «verhandelbar» verwenden.)
  41. Aus diesem unnatürlichen Bühnengeschehen sollten neue Arten von Gesprächen zwischen den Darstellenden des Proletariats (Landarbeiter) auf der Bühne geschehen. Die Zuschauenden sollten dadurch eine Idee für einen neuen Zeitgeist erhalten.
  42. Brecht referenziert auf die Spielweise am Schiffbauerdammtheater in Berlin zwischen den beiden Weltkriegen, die durch den «Verfremdungseffekt» (V-Effekt) ein Bühnengeschehen erschuf, dass seinem Konzept entspricht. (Die Bühne wahr zuerst, Brecht hat das Konzept nur verschriftlicht.) Die Effekte verhindern die Einfühlung, allerdings bezwecken sie etwas anderes als die Verfremdungseffekte aus der Antike (Masken).
  43. Die alten Verfremdungseffekte hätten etwas bizarres im Gegensatz zu den neuen Effekten, die weil sie wissenschaftlich betrachtet werden und dadurch das Fremde annehmen können. Die neuen Verfremdungseffekte sollen den beeinflussbaren Vorgängen den Stempel des vertraut sein wegnehmen, um die Zuschauenden vor dem Einfühlen (Eingriff) zu bewahren.
  44. Brecht sieht den Menschen als Gewohnheitstier, denn was immer dem Menschen vertraut ist, hinterfragt er nicht. Deshalb braucht das Theater die Verfremdungseffekte, denn durch sie bringt es das Publikum zum Wundern und daraus zum Denken, deshalb muss das Vertraute verfremdet werden.
  45. Die Methode, um diese Verfremdung zu erreichen, behandelt die gesellschaftlichen Zustände als Prozesse und verfolgt diese in Ihrer Widersprüchlichkeit. Für sie existiert alles nur, indem es sich wandelt und darum in Uneinigkeit mit sich selbst ist. Diese Uneinigkeit gilt auch für die Gefühle, Meinungen und Haltungen der Menschen, durch die ihre Art des gesellschaftlichen Zusammenlebens sich ausdrückt.
  46. Unser Zeitalter hat die Lust einzugreifen, denn es könne viel aus dem Menschen gemacht werden. Er muss von aussen verändert werden, deshalb muss man sich ihm, uns alle vertretend, gegenübersetzen. Darum muss Theater, das was es zeigt verfremden.
  47. Die Schauspielenden dürfen sich nicht in Trance versetzen, damit sie das Publikum nicht in Trance versetzen. Sie müssen locker bleiben und nüchtern sprechen (nicht einlullen).
  48. Die Schauspielenden dürfen sich niemals restlos Verwandeln, sondern ihre Figur lediglich zeigen. Seine Gefühle muss er von der Figur fernhalten, damit auch das Publikum seine Gefühle nicht projiziert. Es muss völlige emotionale Freiheit haben.
  49. Die Schauspielenden sind immer zwei Identitäten auf der Bühne, die beide ersichtlich sein müssen. Zum einen müssen sie sich selbst sein und zum anderen die Figur zeigen. Dieser Vorgang ist «die epische» Spielweise, da der profane Vorgang gezeigt wird.
  50. Die Schauspielenden sollen ruhig zeigen, dass sie den Verlauf des Stücks kennen und dieses schon zuvor gespielt haben. Sie dürfen dieses «mehr wissen als die Figur» zeigen.
  51. Dies ist besonders bei Massenereignissen, welche die Umwelt stark verändern besonders wichtig, also bei der Darstellung von Kriegen und Revolutionen. Weiter soll das Gesprochene beim Zuschauenden sowohl als effektive Stimme aber auch in neuer Form gedacht werden können.
  52. Bertolt wünscht sich Widersprüchlichkeit und Experimentierbedingungen, damit die Widersprüche von Taten und Charakter wirklicher Menschen aufgezeigt werden können. Denn im Theater soll die Gesellschaft grundsätzlich als ein Experiment betrachtet werden.
  53. Als Methode der Beobachtung darf Einfühlung, während der Proben verwendet werden, doch muss sie von realen Beispielen, also echten dem Schauspielenden bekannten Menschen abgeleitet werden, denn die Einheit der Figur entsteht aus den einzelnen Eigenschaften, die sich widersprechen.
  54. Die Beobachtung sieht Brecht als Hauptteil der Schauspielkunst an, denn die Schauspielenden beobachten ihre Mitmenschen mit all ihren Eigenschaften (Muskeln und Nerven), in einem Akt der Mimesis (Nachahmung), der zugleich ein Denkprozess ist. Denn die Schauspielenden müssen ihr tun jeweils reflektieren (bedenken).
  55. Wenn die Schauspielenden nicht nachplapperer (Papagei) oder Nachmacher (Affe) sein wollen, müssen sie Erfahrungen in der Gesellschaft sammeln (Kämpfe der Klassen mitkämpfen). Denn die Welt wird auf der Erde verändert nicht in schöngeistigen Gedanken. Dazu kommt, dass die Gesellschaft kein gemeinsames Sprachrohr hat, solange sie in Klassen gespalten ist, weshalb für die Kunst «unparteiisch zu sein» einfach bedeutet «zur herrschenden» Partei zu gehören.
  56. Die Wahl des Standpunktes ist ein weiterer Hauptteil der Schauspielkunst, der aber ausserhalb des Theaters gewählt werden muss (eben in der Gesellschaft). Die Umgestaltung der Gesellschaft ist ein Befreiungsakt und es ist die Freiheit, die ein Theater des wissenschaftlichen Zeitalters vermitteln sollte.
  57. Aus dem gewählten politischen Standpunkt haben die Schauspielenden die Rolle zu lesen. Dabei sollen sie eben nicht das natürliche, das menschliche Wählen, sondern das «Nicht-Sondern», das Ungemässe, das Spezielle einbringen, damit das Publikum die beeinflussbare Seite der Rolle sieht. Die Figur muss dem Publikum weniger eingehen, sondern auffallen.
  58. Figuren müssen gemeinsam von allen Schauspielenden erarbeitet werden. Damit die kleinste gesellschaftliche Einheit von zwei Menschen in der Arbeit gewährleistet ist. Bertolt schreibt hier noch dazu: «Auch im Leben bauen wir uns gegenseitig auf.»
  59. Bertolt wünscht sich diese gemeinsame Erarbeitung der Figuren auch, damit Stars sich mehr ins Ensemble eingliedern und die Verhältnisse der Rollen zueinander ausgelotet werden können. Weiter sieht er in der Besetzung von Männerfiguren durch Frauen oder umgekehrt eine Verdeutlichung des Figurengeschlechts und wenn sie von einer komischen Person gespielt wird, dass sie neue Aspekte gewinnen kann.
  60. Durch die gemeinsame Erarbeitung der Rollen erfahren die Schauspielenden mehr darüber, wie sie von den anderen Figuren behandelt werden und somit mehr über ihre eigene Figur.
  61. Bei den mimischen und gestischen Bewegungen ist darauf zu achten, dass diese trotz der notwendigen Verstärkung nichts von ihrer Aussage verlieren, sondern die ganze Aussage nur verstärken.
  62. Die Schauspielenden sollen kritisch den vielfältigen Aussagen ihrer Figuren und den Aussagen ihrer Gegenfiguren, sowie den Aussagen aller anderen Figuren folgen.
  63. Am Beispiel seiner Hauptfigur im gleichnamigen Stück «Galilei» zeigt Brecht, wie eine Figur im eignen Widerspruch steht.
  64. Über Gesten erfahren die Schauspielenden die Figur, weil sie sich durch sie der gesamten «Fabel» bemächtigen. Erst durch das Erfassen des Ganzen, kommt er zur ganzheitlichen Figur. Wenn die Schauspielenden alle Wiedersprüche ihrer Figur erforscht haben können sie durch die Fabel die Widersprüche zusammenfügen und auch das Publikum über die Widersprüche wundern lassen.
  65. Die «Fabel» ist mitunter das wichtigste an der theatralen Aufführung, denn sie ist die Gesamtkomposition aller gestischen Vorgänge, welche die Mitteilung und Impulse beinhaltet, die das Vergnügen des Publikums ausmachen.
  66. Jedes Einzelereignis hat seinen Grundgestus. Die Schönheit der Gesten muss aber vor allem durch die Eleganz gewonnen werden, in der sie vorgeführt werden.
  67. Die Geschehnisse einer Fabel sind so zu verknüpfen, dass die Knoten auffällig werden. Das Publikum muss darüber Urteilen können. An dieser Stelle ist die Verfremdung gefragt. Dabei soll die Struktur der Fabel ein Stückchen im Stück sein, (also Nummerndramaturgie) welches durch Titel angekündigt wird. Auf diesen Titeln muss die Pointe der Szene und die wünschenswerte Art der Darstellung erfasst sein. Dann versucht Brecht unterschiedliche Erzählarten zu erläutern, die er dann aber wie folgt zusammenfasst: «es sind viele Erzählungsarten denkbar, bekannte und noch zu erfindende.»
  68. Die Verfremdung soll vom Stück und den Interessen seiner Zeit abhängen. Auf Grundlage des Stücks Hamlet von William Shakespeare versucht Brecht zu erläutern, wie dieser an der Vernunft, welche er an der Universität gelernt hat, in seinem unvernünftigen Umfeld, scheitert. Seine theoretische Vernunft nützt ihm in der Praxis nichts. Das wäre eine Leseart, die nach Brecht umgesetzt werden könnte. Er geht davon aus, dass diese auch seinem Publikum entsprechen würde.
  69. Brecht sieht in allen Vormärschen der Emanzipation, also im gesellschaftlichen Wandel, die Möglichkeit das Los der Menschheit zu bessern. Sie verschaffen ein Gefühl des Triumphs und des Zutrauens und einen Genuss am Wandel der Dinge.
  70. Die Interpretation der Fabel und ihre Vermittlung durch die Verfremdung ist die Hauptaufgabe des Theaters. (Ja, wir haben es verstanden Bertolt!) Alle sind an dieser Auslegung der Fabel beteiligt, Schauspielende, Bühnenbildende, Maskenbildende, Kostümbildende, Musizierende und Choreografierende. In der Zusammenarbeit bewahren sie aber ihre Selbständigkeit.
  71. Der Gestus des Zeigens wird durch die Lieder im Stück betont. Deshalb sollen die Schauspielenden während der Lieder nicht singen, sondern möglichst davon absetzen (also Sprechgesang oder Sprechen). Am besten werden dazu noch theatralische Massnahmen, wie Beleuchtungswechsel oder Betitelung eingesetzt. Die Musik sollte mehr stören als einlullen. Er nennt als gutes Beispiel Eislers Musik zur Fastnachtsszene im Stück «Galilei».
  72. Der Musizierenden erhalten Freiheit dadurch, dass sie das Publikum nicht mehr einlullen müssen. Gleichermassen kriegen die Bühnenbildenden eine Freiheit, weil sie keine illusorischen, realistischen Bühnenbilder mehr bauen müssen. Sie sollen nur Andeutungen machen, die aber geschichtlich oder gesellschaftlich interessanteres aussagen als ihre Gegenwart. Das Piscatortheater wird hier erwähnt.
  73. Die Choreografierenden sollen die Stilisierung des Natürlichen nicht aufheben, sondern steigern. Denn in einem Theater, welches aus der Geste aufgebaut ist, kann eine Choreografie nur gelingen. Schon die Eleganz einer Bewegung und die Anmut einer Aufstellung verfremdet und die Pantomime ist der Fabel dienlich.
  74. Die Beteiligten Abteilungen und Berufe einer Produktion, sollen in gemeinsamer Zusammenarbeit sich gegenseitig verfremden.
  75. Sie alle sollen das Publikum des wissenschaftlichen Zeitalters unterhalten und das sinnlich und heiter. Den dies fehlt der Deutschen Kultur im Besonderen (stark zusammengefasst).
  76. Die fertiggestellten Abbildungen müssen in völliger Wachheit abgeliefert werden, damit sie in Wachheit empfangen werden können. (Herbert Fischer würde hier von gesunder Konzentration sprechen.) Das Spiel muss die Energie von etwas Fertigem haben, das dem Publikum ausgehändigt wird.
  77. Das gespielte (Abbildungen) muss vor dem gezeigten (Abgebildeten) zurücktreten. Dadurch lässt das Theater den Zuschauenden über das (Zu)schauen hinaus produktiv sein (also während dem Stück nachdenken). Der Arbeiter soll im Theater seine eigene Arbeit als Unterhaltung geniessen und zugleich an seiner unaufhörlichen Verwandlung erschrecken. Im Theater soll er sich in der leichtesten Weise produzieren, denn die leichteste Weise der Existenz ist in der Kunst.
Was denkst du über Bertolt Brechts Kleines Organon für das Theater? Lass es mich in den Kommentaren wissen.
 

Beste Grüsse,
Isabel

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phonetische Markierung

Bühnendeutsch lernen: ein Erfahrungsbericht

phonetische Markierung

Mein Schauspielkollege Uwe Peter holt nach vielen Jahren Berufspraxis seinen Abschluss in Schauspiel an der Film Schauspielschule Zürich (FilmZ) nach. Wenn alles gut geht, hat er im nächsten Oktober ein Schauspieldiplom in der Hand. Die grösste Herausforderung stellt allerdings die Sprache dar. Bühnendeutsch zu lernen erfordert viel Einsatz und Geduld. Warum erfährst du in diesem Interview.

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Autorin: Isabel Sulger Büel, veröffentlicht: 16. April 2021,  letzte Aktualisierung: 7. Juli 2023.

1. Uwe du bist jetzt seit Oktober 2020 an der Film Schauspielschule Zürich (FilmZ) im Schauspielunterricht. Wie viele Monate übst du nun Bühnendeutsch? Und wie viele Stunden pro Woche in etwa?

Ich übe täglich mit verschiedenen Übungen, sei es mit der Methode der Überartikulation, oder vor dem Spiegel, um nicht zu sehr in die Breite zu sprechen, sondern eher eine Schnute zu machen, oder generell mit den Lippen nach vorne zu sprechen.

Ausserdem habe ich mir Übungen aus dem Buch «Sprechtechnisches Übungsbuch» fotografiert, um mit ihnen zu arbeiten.

Am meisten hat mich bisher das Thema von «E/Ä» beschäftigt und das klappt schon viel besser als zu Beginn.

Ausserdem übe ich über das Gehör, indem ich auf Google mir die Worte vorsprechen lasse.

Was auch eine super Übung ist, ist dass ich mir die Lautschrift über die Worte oder einzelnen Buchstaben schreibe, und so auf dem ersten Blick sehe, ob es sich um ein offenes langes E oder ein kurz gesprochenes E handelt.

2. Was macht dir am meisten Spass daran Bühnendeutsch zu lernen?

Am meisten Spass macht mir, dass man auf diese Weise eine neue Art des Sprechens lernt und man von allen verstanden wird, da es hilft die Deutlichkeit und die Artikulation der Sprache zu verbessern.

Man kann durch die Methodenkompetenz, welche man sich in diesem Lernprozess aneignet, die Sprache verschiedener Figuren noch besser gestalten und mit der Sprache noch besser spielen und dadurch verändern.

3. Was bereitet dir am meisten Mühe am Erlernen von Bühnendeutsch?

Die phonetischen Regeln und die Zungenbeweglichkeit. Zu lernen, wie die Zunge bewegt werden muss damit man den richtigen Laut ausspricht und wie man die richtige Kombination von Bewegungen ausübt und damit die korrekte Aussprache kriegt.

4. Wie hast du dich mit der phonetischen Schrift auseinandergesetzt?

Ich habe in den bisherigen schauspielerischen Ausbildungen nie etwas von Phonetik, oder phonetischer Schrift gehört deshalb war das für mich etwas komplett Neues. Ich habe bis jetzt nicht die alle phonetischen Zeichen auswendig gelernt, aber ich habe einen Spick, um meine Texte mit ihnen zu beschriften, falls dies nötig ist. Diesen Spick habe ich auch, damit ich mich mit ihnen beschäftige und damit das Wort, durch seine Hilfe, von mir korrekt ausgesprochen wird.

5. Hast du irgendwelche Tipps und Tricks, welche du unserer Lesendenschaft weitergeben kannst?

Vor dem Spiegel üben und sich selbst und vor allem die eigenen Mundbewegungen und Lippenbewegungen beobachten. Um die Aussprache zu üben höre ich mir die Aussprache der Worte im Internet an. Dabei suche ich auf Google nach dem Wort und Aussprache.

6. Von deinem kulturellen Hintergrund hergesehen, ist Deutsch deine Muttersprache. Warum musst du nochmal Deutsch lernen?

Deutsch als Muttersprache ist nicht dasselbe wie Bühnendeutsch. Durch die Prägungen meines Elternhauses und meiner Umgebung, welche «Schweizerdeutsch» spricht, also einen Schweizer Dialekt, hat meine Aussprache eine dialektale Einfärbung erhalten. Im privaten Gebrauch spricht man meistens nicht Bühnendeutsch, sondern spricht in seinem Dialekt. Wenn man nun als schauspielende Person im privaten Rahmen spricht, also mit seiner Familie oder seinen Freunden, fällt man gerne in seinen angestammten Dialekt zurück.

7. Wozu brauchen Schauspieler*innen und Schauspieler Bühnendeutsch?

Man braucht es, weil es die Standardsprache der Bühnenschauspielenden ist. Dabei hilft es uns Schauspielenden in unsere Figuren und Charaktere zu schlüpfen und dadurch auch eine andere Aussprache oder Sprechart annehmen zu können, sollte mal etwas anderes als Bühnendeutsch gefragt sein. Man kann die Stimme viel mehr modulieren, bearbeiten, verstellen und man spricht deutlicher.

Bei einem Filmschauspielenden sieht das nochmals ganz anders aus. Es ist wichtig das auch Filmschauspielende eine gute Aussprache haben, aber dort sind öfters dialektale Einfärbungen gefragt oder teilweise sogar gewünscht.

8. Welches Ziel hast du dir gesetzt? Was willst du in Bezug auf die Sprache und Aussprache bis zu deinem Abschluss erreichen?

Mein Ziel ist es Bühnendeutsch so gut zu beherrschen das ich Texte korrekt sprechen kann. Weiter ist es mein Ziel, dass ich die Phonetik-Regeln so beherrsche, dass ich sie auf neue Texte anwenden kann und diese mit der Hilfe der Phonetik-Regeln erarbeiten kann.

Ausserdem habe ich als Abschlussprüfung die Aufgabe einen 40-minütiges Textprogramm zusammenzustellen, welches ich natürlich mit einwandfreiem Bühnendeutsch präsentieren möchte und soll. Dies dann auch mit Texten aus verschiedenen Epochen, welche alle natürlich klingen und sinngemäss interpretiert werden sollen, egal wie kompliziert und komplex die Texte geschrieben sind.

Dann möchte ich deutlicher sprechen, korrekt sprechen und beim Theaterspielen zwischen Bühnendeutsch und dialektalen Einfärbungen wechseln können.

9. Glaubst du mit dem Beherrschen von Bühnendeutsch Vorteile im Arbeitsmarkt zu haben?

Auf jeden Fall, gerade an staatlichen Theaterhäusern ist Bühnendeutsch erwünscht und eine Fertigkeit, welche man beherrschen muss. Wie ich oben schon betont habe fällt mir immer mehr auf, dass man die Schauspielenden und Darstellenden in Kinofilmen oder im Fernsehen nicht mehr gut versteht da die Sprache nur noch so dahin «geschludert» wird und kein grosses Augenmerk mehr auf die Aussprache gelegt wird. Im Film sind Dialekte immer mehr erwünscht, weil durch die dialektalen Färbungen die Szenen «authentischer» wirken.

Mir liegt die deutsche Sprache am Herzen und ich weiss, dass im Deutschenschauspielmarkt egal ob dies im Fernsehen, Filmgeschäft oder auf der Bühne ist, Bühnendeutsch immer noch sehr hoch gewertet und eine sehr wichtige Fertigkeit ist, um Vorteile auf dem Arbeitsmarkt zu haben.

Klar, es ist auch wichtig, um sich selbst besser verkaufen zu können, weil man eine zielsichere und überzeugende Bewerbung einreichen kann und es einem hilft, um überhaupt für ein Casting oder Vorsprechen eingeladen zu werden.

 

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5 Aufwärmübungen vor Aufführungen

5 Aufwärmübungen vor Aufführungen

Wenn ich mich vor eine Aufführung aufwärme und meinen Körper und meinen Geist darauf einstimme, spiele ich viel besser Theater, als wenn ich kalt auf die Bühne gehe. Deshalb teile ich mit dir meine fünf liebsten Aufwärmübungen, mit denen ich mich auf die Bühne vorbereite. Sie bereiten deinen Körper, deine Stimme und deine Emotionen für den bevorstehenden Auftritt vor.

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Autorin: Isabel Sulger Büel, veröffentlicht: 23. März 2021.

1. Ausklopfen

Alleine macht diese Übung weniger Spass als zu zweit. Zu zweit beugt sich der zu ausklopfende vorn über und der klopfende klopft erst sanft den Rücken neben der Wirbelsäule ab. Dann die Arme und Hände, später die Beine. Wenn man mag, kann man noch die Schultern und den Nacken massieren. Wenn ausgeklopft ist, werden alle Körperteile in derselben Reihenfolge ausgestrichen.

Dann läuft der klopfende langsam Wirbel für Wirbel vom Gesäss her die Wirbelsäule hoch und der ausgeklopfte richtet sich sehr bewusst Wirbel für Wirbel wieder auf. Danach fühlt man sich meistens sehr viel leichter, energetisch und wach. Im besten Fall etwas schwebend. Damit der ausgeklopfte wieder Bodenhaftung kriegt, stützt sich der ausklopfende mit den Händen in der Yoga-Pose des herabschauenden Hundes auf die Füsse des ausklopfenden und sagt: «Kamelfüsse». Ich mag Kamele nicht so sehr, deshalb sage ich Elefantenfüsse.

Danach werden die Positionen gewechselt und der ausklopfende wird ausgeklopft. Diese Übung führe ich an einem bestimmten Punkt immer ein, wenn ich Regie führe und die Schauspielenden mögen diese Übung sehr, weil sie löst und erdet. Deshalb fühlen sie ich oft weniger nervös, bevor sie auf die Bühne gehen und spielen entspannter.

2. Lax Vox

Diese Übung habe ich schon in meinem Artikel über die «nützlichsten 55 Dinge für Proben und Aufführungen» geschrieben. Lax Vox ist meine liebste Art meine Stimme auf eine Aufführung vorzubereiten. Dabei benutze ich einen Lax Vox Schlauch und eine Flasche aus Pet, welche etwas mit Wasser gefüllt ist.

Dann nimmt man den Schlauch in den Mund, und bläst mit entspannten backen hinein. Dabei singt man verschiedene Gesangsübungen. Das coole ist, dass man dabei die Stimmbänder aufwärmt und gleichzeitig entspannt, man kann Lax Vox also auch gut nach einer Aufführung benutzen. Während der Übung wärmt man zwar die Stimme auf, aber man beschädigt nichts und die Stimme ist oft besser aufgewärmt als mit herkömmlichen Methoden.

3. Franklin Bälle

Im Method Acting Kurs von Herbert Fischer haben wir etwa dreiviertel der Zeit unseren Körper entspannt. Deshalb massiere ich meine verspannten Körperstellen vor einer Aufführung, um diese zu entspannen. Üblicherweise lege ich mich mit dem Rücken auf den Boden und entspanne meinen Rücken, weil dieser oft am meisten verspannt ist. Dabei lege ich oft einen Ball unter meine Schulter und atme dann in den Schmerz.



Danach lege ich einen solchen Ball oft unter meine Hüfte und atme ebenfalls bewusst dahin, bis sich meine unteren Rückenmuskeln entspannt haben. Zuletzt massiere ich meine Fusssohlen mit dem Ball, weil viele Nervenenden in die Füsse gehen und dann gleich der ganze Körper entspannt und aufgewärmt ist. 



Du kannst mit Franklin Bällen massieren und entspannen, wie du dich gerade lustig fühlst. Dein Körper wird dir schon sagen, was er gerade an Entspannung braucht. Mir hilft dieses Aufwärmen oft, um durchlässiger und damit authentischer auf der Bühne zu sein.

4. Die Stimme mit Sprüchen aufwärmen

Um mich einfach klassischer Weise einzusingen, verwende ich oft ein Lied, welches ich in der Schauspielschule gelernt habe. Ich singe es dir in meinem Video zu diesem Blogartikel vor. Der Text geht wie folgt:

«Memmingen, Memmingen, Memmingen, Memmingen, nono, nono, nono, nono, nono, nono, nono, nono, pla, ple, pli, plo, plu.»

Das singe ich einfach in verschiedenen Tonlagen meist von tiefen Tonarten zu höhen Tonarten vor mich hin, um meine Stimme aufzuwärmen. Danach wärme ich meinen Mund mit einer Konsonantenübung weiter auf. Dazu nehme ich irgendeinen Konsonanten und hänge Vokale und Umlaute an diese an. Diese Übung kenne ich ebenfalls aus der Schauspielschule. Sie klingt, mit dem Konsonanten M, wie folgt:

«Ma, Me, Mi, Mo, Mu, Mä, Mö, Mü, Mau, Mei, Meu.»

Im Prinzip kannst du mit dieser Übung da ganze Alphabet durchsprechen, ohne die Vokale versteht sich. Dann habe ich auch meine Zunge, meinen Mund aufgewärmt und kann eine gute Aussprache und Betonung garantieren.

5. Sich das Spiel vorstellen

Wenn es möglich ist, setze ich mich irgendwo hin, wo ich etwas Ruhe haben kann und stelle mir vor, was ich spielen soll und wie ich es spielen will. Diese Übung habe ich ebenfalls in der Schauspielschule gelernt und kommt anscheinend von einem Tänzer, welcher sich jeweils nur vorstellte, wie er tanzen würde, aber seine körperlichen Energien für die Aufführung sparte, statt wie seine Kollegen die Tänze vor der Aufführung nochmals wirklich zu üben.

Während dem ich mir vorstelle, was und wie ich etwas spielen soll und will, gehe ich den Text und die gewünschten Emotionen durch. Dann prüfe ich nochmals meine inneren Bilder, welche die Emotionen auslösen sollen. Manchmal arbeite ich über den Körper, dann stelle ich mir vor, wie die Energie in meinem Körper sich anfühlen muss bzw. mit welchen Bewegungen ich mir selbst helfen kann.

Wenn ich mit dem ganzen Stück durch bin, bin ich bereit auf die Bühne zu gehen.

Vielleicht magst du mir erzählen, wie du dich auf eine Aufführung einstimmst? Kennst du eine Übung, welche so gut ist, dass sie die ganze Welt kennen sollte? Bist du sehr nervös vor einer Aufführung oder ist es sogar ein Anzeiger, dass du bereit bist Theater zu spielen?

Ich freue mich sehr auf deine Erzählungen.

Von Herzen,
Isabel

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Wieviel Schweizer Schauspielende schätzungsweise verdienen

Wieviel Schweizer Schauspielende schätzungsweise verdienen

Wieviel Schweizer Schauspielende schätzungsweise verdienen

Der Schweizer Volksmund sagt, dass Schauspiel ein brotloser Beruf sei. Gleichzeitig sehen wir Stars auf dem roten Teppich und festangestellte Schauspielende an Theaterhäusern. Weiter träumen viele junge Menschen davon diesen Beruf auszuüben. Aus Mangel an Zahlen, stelle ich hier eine erste Abschätzung auf. Im Minimum verdient eine Person, welche durch Aufführungen auf der Bühne ihren Lebensunterhalt verdient schätzungsweise 16.32 CHF brutto pro Stunde. Im Maximum, sofern die Richtgagen ausbezahlt werden, 60.53 CHF brutto pro Stunde.

Für diese Schätzung habe ich das Beispiel mit dem niedrigsten Lohnniveau, welches ich kenne als Grundlage verwendet und alle weiteren Berechnungen mit denselben Voraussetzungen gemacht. Für die Jahreseinkommen habe ich mich am Bundesamt für Statistik orientiert und die Zahlen aus dem Statistischen Lohnrechner 2018 entnommen. Dann habe ich noch berechnet, was ein Schauspieler tatsächlich auf die Stunde verdienen sollte, damit er sich alle Vorsorgebeiträge, Versicherungen und Lebenskosten leisten kann. Dies wären 56.08 CHF auf die Stunde, mit dem eigentlichen Mehrwert, den eine schauspielende Person in die Zusammenarbeit mitbringt, kommen wir auf 80 CHF die Stunde. Wie ich auf die Stundenansätze gekommen bin, erkläre ich dir im Artikel.

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Autorin: Isabel Sulger Büel, veröffentlicht: 22. März 2021.

Berechnung des Verdienstes auf die Stunde

Inhaltsverzeichnis

Die geringste Gage für ein Bühnenprojekt, von welcher ich jemals gehört habe, war 150 CHF pro Probewoche und 140 CHF pro Aufführung. Bei diesem Projekt wurde 4 Wochen an 40 Stunden, 8 Stunden an 5 Tagen, geprobt und danach 40 Aufführungen gespielt. 40 Aufführungen sind viele Aufführungen. Üblicherweise beläuft sich diese auf weniger. Diese 40 Aufführungen wurden, während 5 Monaten von November bis März gespielt und dies mit jeweils 2–3 Aufführungen die Woche. Wir rechnen in unsere Rechnung noch 20 Stunden dafür ein, dass der Text ausserhalb der Proben verinnerlicht werden muss. Allerdings variiert dieser Aufwand stark, je nach dem was für einen Text man verinnerlichen will. Die Spannweite kann sich nach dieser Umfrage, welche ich gerade mache von 5 Stunden bis auf 150 Stunden belaufen.

20 Stunden Textlernen plus 4 Probewochen mal 40 Stunden Proben ergeben 180 Stunden. Dazu kommen die 5 Stunden Anwesenheit bei den 40 Aufführungen, was 200 Stunden sind. Wir haben also ein Total von 380 Stunden Zeitaufwand für diese Produktion.

Dann berechnen wir die Einnahmen für die Proben. Das sind 150 CHF mal 4, da 4 Wochen geprobt werden. Dies ergibt ein Total von 600 CHF.

Dann berechnen wir die Einnahmen für die Aufführungen. Diese sind 140 CHF je Aufführung und insgesamt sind es 40 Aufführungen. 140 CHF mal 40 ergeben 5600 CHF.

Rechnen wir die Proben und Aufführungen zusammen ergeben das 6200 CHF.
Diese 6200 CHF durch die 380 Stunden Zeitaufwand ergeben 16.32 CHF pro Stunde.

Davon sind aber die AHV und BVG Beiträge noch nicht abgezogen. Zwar müssten die Firmen für ihre Schauspielenden BVG bezahlen, wenn diese bei der CAST angemeldet sind, aber unter einem Einkommen von 21’330 CHF ist dies hinfällig. Da die wenigsten darstellenden Künstler bei einem Arbeitgeber diesen Betrag verdienen, bezahlen diese Arbeitgeber ihren Anteil von 6% einfach nicht. Das bedeutet, der Künstler bezahlt volle 12% seines Gehalts selbst in die Pensionskasse ein.

Wir müssen also 5.3% für die Altersvorsorge (AHV) und 12% für die 2. Säule (BVG) vom Bruttoeinkommen abziehen. Dazu berechnen wir die 6200 CHF mal 0.053 (5.3/100), was 328.60 CHF an AHV-Abzügen ergeben. Uns bleiben 5871.40 CHF ohne BVG übrig. Für das BVG nehmen wir erneut unser Bruttoeinkommen von 6200 CHF und rechnen es mal 0.12, was 744 CHF ergibt. Nun rechnen wir die 6200 CHF minus 328.60 CHF und minus 744 CHF, was uns 5127.40 CHF an Einnahmen übriglässt.

Diese 5127.40 CHF an Nettoeinkommen rechnen wir erneut durch unsere 380 Stunden Aufwand und erhalten dann einen Stundenlohn von 13.49 CHF. Es versteht sich, Spesen werden von den Darstellenden selbst getragen, diese Abzüge müsste man noch einrechnen.

Der Minimallohn eines Schauspielenden stellt schätzungsweise 13.49 CHF auf die Stunde dar. Dies ist weniger, als ein ungelernter Studierender mit einem Nebenjob verdient. Der Stundenansatz für Studierende beträgt um die 20 CHF.

2. Freie Szene übliche Ansätze

Ein üblicherer Gagenansatz für ein Bühnenprojekt, sind 150 CHF pro Probewoche und 250 CHF pro Aufführung. Wir berechnen dieselben Voraussetzungen wie zuvor, 4 Wochen Proben an 40 Stunden, was 8 Stunden an jeweils 5 Tagen die Woche bedeuten. Wir nehmen wieder 40 Aufführungen, was viele Aufführungen sind. Diese 40 Aufführungen werden, während 5 Monaten gespielt. Wieder nehmen wir die 20 Stunden zur Verinnerlichung von Text ausserhalb der Proben dazu.

20 Stunden Textlernen plus 4 Probewochen mal 40 Stunden Proben ergeben 180 Stunden. Dazu kommen die 5 Stunden Anwesenheit bei den 40 Aufführungen, was 200 Stunden sind. Wir haben also ein Total von 380 Stunden Zeitaufwand für diese Produktion.

Dann berechnen wir die Einnahmen für die Proben. Das sind 150 CHF mal 4, da 4 Wochen geprobt werden. Dies ergibt ein Total von 600 CHF.

Dann berechnen wir die Einnahmen für die Aufführungen. Diese sind 250 CHF je Aufführung und insgesamt sind es 40 Aufführungen. 250 CHF mal 40 ergeben 10’000 CHF.

Rechnen wir die Proben und Aufführungen zusammen ergeben das 10’600 CHF.
Diese 10’600 CHF durch die 380 Stunden Zeitaufwand ergeben 27.89 CHF pro Stunde.

Nun ziehen wir erneut die 5.3% für die Altersvorsorge (AHV) und 12% für die 2. Säule (BVG) vom Bruttoeinkommen ab. Dazu berechnen wir die 10’600 CHF mal 0.053 (5.3/100), was 561.80 CHF an AHV-Abzügen ergeben. Uns bleiben noch 10’038.20 CHF ohne BVG übrig. Dann berechnen wir von den 10’600 CHF mal 0.012, was 1272 CHF ergibt. Nun rechnen wir die 10’600 CHF minus 561.80 CHF und minus 1272 CHF, was uns 8766.20 CHF an Einnahmen übriglässt.

Diese 8766.20 CHF an Nettoeinkommen rechnen wir erneut durch unsere 380 Stunden Aufwand und erhalten dann einen Nettostundenlohn von 23.07 CHF. Es versteht sich, Spesen werden von den Darstellenden selbst getragen, diese Abzüge müsste man noch einrechnen.

Dieser Ansatz ist etwa auf dem Niveau eines ungelernten Studierenden. Für eine Person mit Matura und einer Fachhochschule oder eine Person mit Lehre und Schauspieldiplom dazu, ist dieser Betrag immer noch wenig.

3. Richtgagen nach tPunkt

Die Richtgagen sehen folgende Beträge für ein Bühnenprojekt vor: 1250 CHF pro Probewoche und 400 CHF bis 500 CHF pro Aufführung. 400 CHF sind für mehrere Aufführungen am selben Ort vorgesehen und 500 CHF sind für einzelne Aufführungen vorgesehen. Für unsere Berechnung nehmen wir den Durchschnitt von 450 CHF. Wir berechnen dieselben Voraussetzungen wie zuvor, 4 Wochen Proben an 40 Stunden, was 8 Stunden an jeweils 5 Tagen die Woche bedeuten. Wir nehmen wieder 40 Aufführungen, was viele Aufführungen sind. Diese 40 Aufführungen werden, während 5 Monaten gespielt. Wieder nehmen wir die 20 Stunden zur Verinnerlichung von Text ausserhalb der Proben dazu.

20 Stunden Textlernen plus 4 Probewochen mal 40 Stunden Proben ergeben 180 Stunden. Dazu kommen die 5 Stunden Anwesenheit bei den 40 Aufführungen, was 200 Stunden sind. Wir haben also ein Total von 380 Stunden Zeitaufwand für diese Produktion.

Dann berechnen wir die Einnahmen für die Proben. Das sind 1250 CHF mal 4, da 4 Wochen geprobt werden. Dies ergibt ein Total von 5000 CHF.

Dann berechnen wir die Einnahmen für die Aufführungen. Diese sind 450 CHF je Aufführung und insgesamt sind es 40 Aufführungen. 450 CHF mal 40 ergeben 18’000 CHF.

Rechnen wir die Proben und Aufführungen zusammen ergeben das 23’000 CHF.
Diese 23’000 CHF durch die 380 Stunden Zeitaufwand ergeben 60.53 CHF pro Stunde.

Nun ziehen wir erneut die 5.3% für die Altersvorsorge (AHV) und 12% für die 2. Säule (BVG) vom Bruttoeinkommen ab. Dazu berechnen wir die 23’000 CHF mal 0.053 (5.3/100), was 1219 CHF an AHV-Abzügen ergeben. Uns bleiben 21’781 CHF ohne BVG-Abzüge übrig. Das Bruttoeinkommen berechnen wir mal 0.12%, was 2760 CHF ergibt. Nun rechnen wir die 23’000 CHF minus 1219 CHF und minus 2760 CHF, was uns 19’021 CHF an Einnahmen übriglässt.

Diese 19’021 CHF an Nettoeinkommen rechnen wir erneut durch unsere 380 Stunden Aufwand und erhalten dann einen Stundenlohn von 50.06 CHF. Es versteht sich, Spesen werden von den Darstellenden selbst getragen, diese Abzüge müsste man noch einrechnen.

Dieser Ansatz ist fair. Er mag auf den ersten Blick als viel erscheinen. Wenn man aber bedenkt, dass Schauspielende damit mehrere Tage über die Runden kommen müssen, weil sie zwischendurch immer mal wieder keine Aufträge haben oder solche Akquirieren müssen, ist ein Stundenansatz von 60.53 CHF nur fair.

4. Lohn in einer Festanstellung

Schauspielende sind an Häusern mit befristeten Verträgen von einem Jahr angestellt. Sie erhalten keine Kündigung in diesem Sinne, sondern werden einfach nicht verlängert. Das bedeutet, sie sind eigentlich nicht richtig festangestellt. Der Mindestansatz ist mehrheitlich ein Monatslohn von 4000 CHF. Wir berechnen den Stundenlohn auf 5 Monate, weil unser Beispielprojekt 5 Monate gedauert hat.

5 Monate beinhalten durchschnittlich 4 Wochen an 40 Arbeitsstunden pro Woche. Unsere Stundenzahl beträgt also 5 Monate mal 4 Wochen mal 40 Arbeitsstunden. Diese Rechnung ergibt ein Total von 800 Stunden. Wir nehmen die 20 Stunden fürs Text verinnerlichen dazu, sind uns aber bewusst, dass Schauspielende an Häusern mehrere Stücke gleichzeitig spielen. Deshalb müssten wir diesen Ansatz eigentlich erhöhen. Unser Total beträgt trotzdem 820 Stunden.

Nun berechnen wir unsere Einnahmen. 5 Monate mal 4000 CHF ergeben 20’000 CHF. Wenn wir nun die 20’000 CHF durch die 820 Stunden rechnen, kommen wir auf einen Stundenlohn von 24.39 CHF.

Die AHV Abzüge betragen weiterhin 5.3%, was einen Betrag von 1060 CHF macht. An dieser Stelle ziehen wir für das BVG nur 6% des AHV Lohnes ab, denn die anderen 6% bezahlt, in dieser Anstellung, der Arbeitgeber. 6% von 20’000 CHF sind 1200 CHF, womit 20’000 CHF minus 1060 CHF und minus 1200 CHF uns 17’740 CHF übriglassen.

Dieser Betrag, also die 17’740 CHF durch 820 Stunden für 5 Monate ergeben einen Nettostundenlohn von 21.63 CHF.

Das ist etwa genau der Stundenansatz eines Studentenjobs. Nur hat ein Angestellter dieses Jobs keine Mehraufwände, wie Textauswendiglernen und muss keine Zusatzstunden für Kostüm- und Make-up-Anprobe aufwenden. Zusätzlich hat er keinen Bachelor- oder Masterdiplom einer Fachhochschule, sondern ist eben noch in Ausbildung.

5. Jahreslohn in einer Festanstellung

Wenn man mit einem Jahreslohn von 4000 CHF ohne 13. Monatslohn rechnet, kommt man auf 48’000 CHF. Die Jahresstundenzahl beträgt 2080 Stunden, wenn man 52 Wochen mal 40 Stunden rechnet. 48’000 CHF durch 2080 Stunden ergeben einen Stundenlohn von 23.08 CHF Brutto.

Wenn man mit einem Jahreslohn von 4000 CHF mit 13. Monatslohn rechnet, kommt man auf 52’000 CHF. Die Jahresstundenzahl beträgt 2080 Stunden, wenn man 52 Wochen mal 40 Stunden rechnet. 52’000 CHF durch 2080 Stunden ergeben einen Stundenlohn von 25.00 CHF Brutto.

Wenn man mit einem Jahreslohn von 5000 CHF ohne 13. Monatslohn rechnet, kommt man auf 60’000 CHF. Die Jahresstundenzahl beträgt 2080 Stunden, wenn man 52 Wochen mal 40 Stunden rechnet. 60’000 CHF durch 2080 Stunden ergeben einen Stundenlohn von 28.85 CHF Brutto.

Wenn man mit einem Jahreslohn von 5000 CHF mit 13. Monatslohn rechnet, kommt man auf 65’000 CHF. Die Jahresstundenzahl beträgt 2080 Stunden, wenn man 52 Wochen mal 40 Stunden rechnet. 65’000 CHF durch 2080 Stunden ergeben einen Stundenlohn von 31.25 CHF Brutto.

Um ehrlich zu sein, verdienen Personen mit nur einer Berufslehre, also ohne Fachhochschule und sechs Jahren Arbeitserfahrung manchmal mehr als das, was eine Schauspielerin oder ein Schauspieler in unseren Schätzungen verdient.

6. Aussagen durch das Bundesamt für Statistik

Beim statistischen Lohnrechner 2018 ist es wichtig ist zu wissen, dass jeweils 50% der Schauspielenden zwischen den angegebenen minimalen und maximalen Beträgen verdienen. Weitere 25% verdienen weniger und weitere 25% verdienen mehr als die verwendeten Zahlen. Dazu kommt, dass in diese Statistik auch Tänzer:innen, Opernsänger:innen und Musicaldarstellende gerechnet werden, die Zahlen also vermischt sind.

Bei einer männlichen Person im 30 Lebensjahr, mit 6 Jahren Berufserfahrung, welche aus der Region Zürich kommt und eine abgeschlossene Berufsbildung als Schauspieler hat, verdient nach dem Bundesamt für Statistik im Maximum 5822 CHF und im Minimum 4399 CHF. Das Maximum 5822 CHF minus das Minimum 4399 CHF ergibt 1423 CHF unterschied. Das Maximum ergibt, mal zwölf gerechnet, einen Jahreslohn von 69’864 CHF und im Minimum ergibt dies einen Jahreslohn von 52’788 CHF. Der Mittelwert liegt bei 5093 CHF, was ein Jahreslohn von 61’116 ergibt.

Dieselben Voraussetzungen, aber mit einem Fachhochschulabschluss ergeben nach Bundesamt ein Einkommen im Maximum von 6657 CHF und im Minimum 5030 CHF. Das Maximum 6657 CHF minus das Minimum 5030 CHF ergibt 1627 CHF unterschied. Das Maximum ergibt, mal zwölf gerechnet, ein Jahreslohn von 79’884 CHF und im Minimum ergibt dies, ebenfalls mal zwölf gerechnet, ein Jahreslohn von 60’360 CHF. Der Mittelwert liegt bei 5823 CHF, was mal zwölf gerechnet einen Jahreslohn von 69’876 CHF ergibt.

Eine weibliche Person im 30 Lebensjahr, mit 6 Jahren Berufserfahrung, welche aus der Region Zürich kommt und eine abgeschlossene Berufsbildung als Schauspielerin hat, verdient nach dem Bundesamt für Statistik im Maximum 5267 CHF und im Minimum 3980 CHF. Das Maximum 5267 CHF minus das Minimum 3980 CHF ergibt 1287 CHF unterschied. Das Maximum ergibt, mal zwölf gerechnet, einen Jahreslohn von 63’204 CHF und im Minimum ergibt dies einen Jahreslohn von 47’760 CHF. Der Mittelwert liegt bei 4608 CHF monatlich, was ein Jahreslohn von 55’296 ergibt.

Dieselben Voraussetzungen, aber mit einem Fachhochschulabschluss ergeben nach Bundesamt ein monatliches Einkommen im Maximum von 6023 CHF und im Minimum 4550 CHF. Das Maximum 6023 CHF minus das Minimum 4550 CHF ergibt 1473 CHF unterschied. Das Maximum ergibt, mal zwölf gerechnet, ein Jahreslohn von 72’276 CHF und im Minimum ergibt dies, ebenfalls mal zwölf gerechnet, ein Jahreslohn von 54’600 CHF. Der Mittelwert liegt bei 5269 CHF, was mal zwölf gerechnet einen Jahreslohn von 63’228 CHF ergibt.

Darstellende Künstler:innen mit Fachhochschulabschluss verdienen also durchschnittlich mehr, als solche mit einer abgeschlossenen Berufsbildung. Für mich fallen unter abgeschlossene Berufsbildung die privaten Ausbildungsstätten. Nur schon das höhere Gehalt sollte eine Motivation darstellen, nach Möglichkeit eine staatliche Institution zu besuchen. Von den hohen Kosten für private Ausbildungsstätten einmal abgesehen.

Wer immer diese Saläre verdient, ich würde sie gerne kennenlernen, denn ich habe sicherlich noch nie mehr als knapp 20’000 CHF in dieser Branche pro Jahr verdient. Dazu kommt, dass meine Hochrechnung ein Maximum von 40’000 CHF war und dass wenn es ganz gut läuft ich 45’000 CHF im Jahr verdienen könnte. Diese Hochrechnung würde allerdings vier Regieanstellungen bei Amateurtheatern für 10’000 CHF pro Jahr beinhalteten. Ich würde mein Haupteinkommen als Regisseurin, nicht Schauspielerin verdienen und daneben noch als Schauspielerin tätig sein.

Meine Weiterbildungen (BMS, Matura, Studium) und seit neustem die Covid-19 Pandemie stehen diesem Vorhaben leider etwas im Weg. Vielleicht kann ich anders darüber berichten, wenn ich mit dem Studium fertig bin. Es ist mir sehr bewusst, dass ich mich zurzeit in der untersten Liga der darstellenden Künste bewege.

7. Die Diskrepanz ist in diesem Beruf grösser

Diese Berechnung mache ich aus Sicht des weiblichen Geschlechts, weil Frauen noch immer mehr Mühe haben sich gut zu verkaufen und zu verhandeln. Dabei sei aber gleich angemerkt, dass die grösste Diskrepanz zwischen dem maximalen und dem minimalen Einkommen bei den Schweizer Schauspielern, also den Männern mit Fachhochschulabschluss liegt. Sie beträgt eine monatliche Summe von 1627 CHF. Das minimale Einkommen beläuft sich nach Bundesamt für Statistik auf 5030 CHF und das maximale Einkommen auf 6657 CHF. Diese Diskrepanz mal zwölf gerechnet macht einen Unterschied von 19’524 CHF im Jahr.

Weibliche Schauspielerinnen mit Fachhochschulabschluss kriegen nach den minimalen Zahlen 4550 CHF und nach den maximalen Zahlen 6023 CHF. Dies macht eine Diskrepanz von 1473 CHF. Diese Diskrepanz mal zwölf gerechnet macht einen Unterschied von 17’676 CHF im Jahr.

Bei den Damen mit abgeschlossener Berufsausbildung, also einem Diplom einer privaten Schauspielschule sind folgende Zahlen zu finden. Beim minimalen Einkommen stehen 3980 CHF und beim maximalen Einkommen 5267 CHF, die Differenz beträgt 1287 CHF. Diese Diskrepanz mal zwölf gerechnet macht einen Unterschied von 15’444 CHF im Jahr.

In anderen Berufen von stark umkämpften Märkten sind die Unterschiede kleiner. Bei den Polygrafinnen mit abgeschlossener Berufsausbildung, also einem Lehrabschluss, verdienen die Arbeitnehmerinnen im minimalen Einkommen 3815 CHF und im maximalen Einkommen 5091 CHF. Dies weist eine Differenz von 1276 CHF auf. Diese Diskrepanz mal zwölf gerechnet macht einen Unterschied von 15’312 CHF im Jahr. Sie kommen den Schauspielerinnen mit privatem Diplom in der Diskrepanz sehr nahe.

Eine Servicefachangestellte mit abgeschlossener Berufsausbildung, also einem Lehrabschluss, verdient als minimales Einkommen 3441 CHF und im maximalen Einkommen 4373 CHF. Dies ist eine Differenz von 932 CHF. Diese Diskrepanz mal zwölf gerechnet macht einen Unterschied von 11’184 CHF im Jahr. Weist also eine wesentlich kleinere Differenz auf.

Diese Zahlen zeigen mir, dass in der Schauspielerei die Minimaleinnahmen und Maximaleinnahmen weiter auseinanderliegen, als dies bei anderen Berufen üblich ist. Es verdienen also gewisse Schauspielende wesentlich mehr als andere Schauspielende.

Die Diskrepanz zwischen den Salären von Schauspielenden mit Fachhochschulabschluss und ohne Fachhochschulabschluss erkläre ich mir dadurch, dass Schauspielende mit Fachhochschulabschluss eher an Häusern arbeiten und quasi festangestellt sind und da sie durch diese Fachhochschulen ein besseres Netzwerk kriegen, auch eher von Schauspielagenturen vertreten werden und dadurch grössere und besser bezahlte Aufträge erhalten.

8. Was Schauspielende tatsächlich verdienen müssten

Nach all dieser Recherche über die möglichen Einkünfte der Schauspielenden, wollte ich wissen, wieviel eine Schauspielende Person, welche in der Stadt Zürich im Kreis 9 lebt, hypothetisch verdienen müsste, um den Lebensunterhalt zu bewerkstelligen.

Für die Versicherungssummen habe ich Angaben von der ETH genommen und Zahlen, welche ähnlich meiner Summen sind, da diese individuell berechnet werden und im Internet nicht verfügbar sind. Übrigens bin ich in meiner Erwerbsausfallversicherung nicht als Schauspielerin versichert, weil man da Angst hat, dass die Prämien nicht bezahlt werden können und weil der Beruf ein erhöhtes Unfallrisiko mit sich bringt. Ich wurde auf meinen gelernten Beruf, als Polygrafin, versichert und wenn dies nicht möglich gewesen wäre, wäre ich als Mutter und Hausfrau versichert worden.

In die Versicherungen habe ich folgende fünf berechnet: Erwerbsausfallversicherung, Unfallversicherung, Taggeldversicherung, Krankenkasse, Privat- und Haftpflichtversicherung.

Bei der Privat- und Haftpflichtversicherung erübrigt sich wohl eine Erklärung. Die Unfallversicherung ist nötig, damit Unfall bei Nichterwerb gedeckt ist. Also dann, wenn man als Schauspielerin oder Schauspieler gerade kein Projekt hat, aber trotzdem wegen eines Unfalls oder einer Krankheit im Spital liegt. Die Taggeldversicherung ist dazu da, um die Kosten der ersten zwei Jahre nach dem Unfall oder der Krankheit zu denken und sollte man so schlimm beieinander sein, dass man gar nie mehr arbeiten kann, dann kommt die Erwerbsausfallentschädigung zum Zuge. Man versichert sich also eigentlich schon wie eine selbständigerwerbende Person. Alle drei Versicherungen werden bei einer üblichen Anstellung bis zu einem gewissen grad gedeckt. Nach meinem Versicherungsberater sind sie zwar gedeckt, meistens aber auf einem zu niedrigen Niveau. In meiner Berechnung bin ich auf einen monatlichen Betrag von 630.00 CHF gekommen.

Für die Lebenshaltungskosten habe ich mich an die monatliche Budgetierung der ETH gehalten. Nur die Wohnungskosten habe ich auf die durchschnittlichen Kosten einer 2 Zimmer Wohnung im Kreis 9 in Zürich angepasst. Die Aufstellung der ETH kannst du hier ansehen und die Kosten für eine Wohnung in Zürich hier herunterladen. Insgesamt bin ich auf 2425 CHF an Lebensunterhaltskosten gekommen.

Dann habe ich noch die ganzen beruflichen Auslagen berechnet, welche Schauspielende für die verschiedenen Filmplattformen, Theaterjobplattformen und Berufsverbände ausgeben. Dabei habe ich alle Filmplattformen und Theaterjobplattformen, welche aus meiner Sicht relevant sind, einbezogen. Zu den Filmplattformen gehören Filmmakers, Schauspielervideos, Castforward. Bei den Theaterplattformen wurden Theapolis und Stagepool berücksichtigt und bei den Berufsverbänden den SBKV mit der Plattform Schauspieler.ch. Weiter habe ich noch die Auslagen für das Marketing einberechnet. Dahinein fliessen die Kosten für eine Webseite, die Schauspielerfotos und ein Showreel, welche alle zwei Jahre neu erstellt werden müssen, damit sie für Casting-Agenturen brauchbar sind.

Auf das Total der gesamten Auslagen habe ich dann noch die berufliche Vorsorge gerechnet, und zwar jeweils für ein Angestelltenverhältnis, da ich diese Berechnung für freischaffende Schauspielende aufstelle. Allerdings habe ich das BVG wie schon zuvor voll zu Lasten des Arbeitnehmenden mit 12% berechnet. Die Steuern habe ich für eine ledige Person mit evangelischem Glauben und dem Grundsteuersatz ohne Vermögen berechnet. In Wirklichkeit wirst du sehr wohl etwas Vermögen haben, also werden deine Steuern auch höher sein.

Insgesamt komme ich mit all diesen Berechnungen auf ein minimales Jahreseinkommen von 55’177 CHF. Dieser Betrag ist aufgerundet. Angenommen, eine schauspielende Person würde nun immer 40 Stunden die Woche arbeiten können, so würde unsere Rechnung wie folgt aussehen. Wir nehmen die gehabten 5 Monate an je 40 Stunden Arbeit pro Woche. Wir rechnen also 5 Monate mal 4 Wochen mal 40 Stunden. Dies ergibt uns erneut 820 Stunden. Dann rechnen wir die 55’177 CHF durch 12 und erhalten 4’598.10 CHF diese rechnen wir mal 5 Monate. Unser Resultat sind 22’990.42 CHF. Diese 22’990.42 CHF rechnen wir nun durch 820 Stunden, was uns einen Stundensatz von 28.04 CHF ergibt. Damit haben wir aber nur die Lebenshaltungskosten gedeckt. Den eigentlichen Wert der Arbeit einer schauspielenden Person ist da noch nicht eingerechnet.

Wenn wir nun davon ausgehen, dass eine schauspielende Person viel Zeit für die Akquise von Aufträgen, nämlich in Vorsprechen und das Marketing aufwendet und deshalb sehr viel weniger als 40 Stunden die Woche arbeiten kann, müssen wir die Stundenzahl für die eigentliche Arbeit reduzieren. Rechnen wir also mit der Hälfte der Stunden für effektive Arbeit in einer Woche. Rechnen wir mit 20 Stunden effektiver Arbeit und die Zeit für die Auftragsbeschaffung in diese Stunden hinein.

Wir haben die Stundenzahl auf 20 Stunden reduziert und müssen den Einkommensbetrag demnach verdoppeln. Also rechnen wir diese 28.04 CHF mal zwei. Dies ergibt uns einen Stundensatz von 56.08 CHF. Dann sind wir dem Richtwert des tPunkt, welcher 60.53 CHF ergeben hatte, erstaunlich nahe und verstehen besser, warum eine Schauspielerin oder ein Schauspieler mindestens 60 CHF auf die Stunde verdienen sollte.

Wenn wir nun den Wert der Arbeit, das eigentliche Handwerk, das Training für Authentizität, die vielen Stunden an körperlichem Training, die erarbeitete Sprechtechnik mit einberechnen würden, müssten wir mindestens 20 CHF Wertschöpfung auf die 60 CHF drauf tun. Dann wären wir bei einem Stundenansatz von 80 CHF die Stunde.

Berechnung des Stundenansatzes nach Lebenshaltungskosten

9. Fazit

Irgendwo gibt es Schauspielerinnen und Schauspieler, welche wesentlich mehr verdienen als ich. Ich gehe mal davon aus, dass diese Agenturen haben und sehr viel mehr arbeiten, als ich das zurzeit kann. Weiter haben sie sich zu Beginn ihrer Karriere möglicherweise besser über diesen Beruf informiert und möglicherweise die besseren Entscheidungen getroffen, als ich dies in meinen jungen Jahren tat. Dazu kannst du gerne den Artikel Deine Karriereplanung zur Schauspieler_in lesen.

Weil mich dieses Thema wegen der Covid19-Pandemie und das Berufsverbot für darstellende Künstler brennend interessiert, habe ich eine Umfrage gestartet, welche die Einkünfte vor der Pandemie und die Einkünfte während der Pandemie untersucht. Weiter möchte ich berechnen, wieviel Schauspielende im deutschen Sprachraum verdienen.

Wenn du jetzt denkst, dass eine Grenzübergreifende Untersuchung sinnlos ist, lass mich dich aufklären. Freischaffende Schweizer Schauspielende arbeiten auch in Deutschland und Österreich und deutsche sowie österreichische Schauspielende in der Schweiz. Diese Grenzen sind aus meiner Erfahrung fliessend und deshalb kann man auch einfach den ganzen deutschen Sprachraum untersuchen.

Dieser Artikel behandelt ein schwieriges Thema, über welches viele Menschen ungern reden. Gerade deswegen freue ich mich über eine Diskussion und deinen Mut in die Kommentare zu schreiben. Was war das Minimum an Lohn, für welches du jemals einen Schauspieljob angenommen hast und für was für einen Job hast du einen echt fairen Preis erhalten? Wie findest du, dass sich der Markt in Bezug auf Bezahlung verändern sollte?

Ich freue mich über deine Gedanken und Anregungen.

Von Herzen,
Isabel

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Hommage ans Theater

Hommage ans Theater

oder «Warum ich es vermisse ins Theater zu gehen.»

Hommage ans Theater

Seit einem Jahr sind die Theater mehrheitlich geschlossen. Theater wird online gezeigt und es ist eigentlich gut gemacht und gut gemeint, aber es ist einfach nicht dasselbe. Ich vermisse Theater. Theater in Ko-Präsenz, Theater mit Menschen in einem Raum, Theater mit Schauspielenden und Publikum. Ich vermisse dieses Ereignis, welches wir Theater nennen. Hier schreibe ich nur über die Guckkastenbühne, aber eigentlich vermisse ich jede Form von Theater. Und ich sage dir warum.

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Autorin: Isabel Sulger Büel, veröffentlicht: 17. März 2021.

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1. Warum Theater Online keine Lösung ist

Ich habe es wirklich versucht, ich habe mir ein Ticket zu Maria Stuart beim deutschen Theater Berlin gekauft und mich gefreut Theater zu schauen. Aber es ist einfach nicht dasselbe. Die Kameras waren irgendwie alle zu weit weg, die Kameraeinstellung unpassend. Und zu allem Übel hat mein Papa noch mitten in der Life-Übertragung angerufen. Ich Idiot bin rangegangen und habe den Höhepunkt verpasst. Im Theater denke ich immer daran, mein Mobiltelefon auszuschalten. Leider kam bei mir die Stimmung nicht wirklich auf, das abgefilmte Stück hat sich einfach nur wie ein schlechter Film angefühlt.

Um einiges besser kam die Produktion «Das Glashaus» vom Jungen DT bei mir an. Da war die Kameraführung genügend Nahe und echt gut. Einen positiven Aspekt hat die Pandemie, ohne sie, könnte ich gar keine Produktionen vom DT schauen, weil ich ganz wo anders wohne. In Bezug auf Theater fehlt mir trotzdem etwas.

2. Die leibliche Ko-Präsenz

Mir fehlte die Energie der Schauspielenden. Diese Energie, mit der Sie den Raum erfüllen. Der Energiewechsel, welcher mit jedem neuen Auftritt und jedem neuen Abgang und jeder noch so kleinen Veränderung gleich den ganzen Saal beeinflusst. Mir fehlte es, in der ersten Reihe zu sitzen und das Handwerk der Schauspielenden zu sehen, wie sie die Emotionen produzieren, wie sie ihre Haltung verändern, wie sie bewusst sprechen. Mir fehlte der Anblick ihrer Spucke, die, durch die saubere Artikulation herausgeschleudert, auf die Bühne fällt.

3. Die Freiheit das anzuschauen was ich will

Weiter störte mich, dass die Kamera mir vorgab, was ich zu schauen hatte. Vielleicht hätte ich lieber gesehen wie der Schauspielende von gerade eben reagiert, wenn das Licht bei ihm ausgeht. Ich hätte gerne gesehen, wie die Schauspielenden aufeinander reagieren, wenn sie sich nur hören können, aber das kam bei mir nicht an. Mir fehlte was bei dieser Online-Theater-Aufführung. Meine Freiheit das anzuschauen und dort den Fokus zu setzten, wo ich will.

4. Die Stimmung im Saal

Mir fehlte die Energie der Zuschauenden, wie der Raum unter dem Einfluss des Spiels manchmal vibriert. Mir fehlten die Seufzer, die Lacher, das Raunen der Zuschauenden. Mein Zimmer war leider menschenleer. Da waren keine gespannten Gesichter im Raum und da waren keine Schauspielenden, welche die Zuschauenden beeinflussten. Die Energie, auch wenn gut gespielt, kam bei mir nicht an. Vielleicht muss ich beim nächsten Mal meine Freunde einladen, damit wenigsten etwas an dieser Situation stimmt.

5. Nach dem Stück zusammensitzen

Ich vermisse es, nach dem Sehen des Theaterstücks mit meinen Freunden oder den Schauspielenden oder beiden an einem Tisch zu sitzen und über Theater zu sprechen. Mich auszutauschen, über Patzer zu lachen oder zu fragen, wie sie diese oder jene Szene gemeistert haben. Die Freude über eine gelungene Aufführung mit den Beteiligten zu teilen. Oder zuzuhören, was besser oder anders laufen sollte. Ich vermisse es über Handwerk, Stücke, Autoren oder über andere künstlerische Einflüsse aufs Theater zu sprechen. Neues über das Theater zu lernen. Neue Erfahrungen mit Theater zu machen. 


Ich vermisse Theater. Sehr sogar.

Vermisst du Theater so sehr wie ich? Wie gehst du mit den Restriktionen der Covid-19 Pandemie um? Wird es dir manchmal auch zu viel immer nur Theater online schauen zu können?

Ich freue mich sehr auf deine Erzählungen.



Von Herzen,

Isabel

Nachtrag vom 11. November 2021
Heute ging ich im Rahmen einer Aufführung, bei welcher wir für INTRIGE – Magazin für junges Theater schreiben, born to shine im Schauspielhaus schauen. Es war eine gelungene Inszenierung und eine Wohltat Theater in seiner natürlichen Umgebung zu erleben. 

 

Hommage ans Theater Read More »

Komplette Zusammenfassung der Poetik von Aristoteles

Die komplette Zusammenfassung der Poetik von Aristoteles

Die Poetik von Aristoteles ist uns leider nur fragmentarisch überliefert worden und deshalb etwas sperrig zu lesen. Einige Teile fehlen und der vermutete zweite Teil, den über die Komödie, ging ganz verloren. Trotzdem habe ich versucht seine Dichtungstheorie so gut als möglich zu verstehen und so sinnvoll, wie es mir möglich war, zusammenzufassen.

Möglicherweise hilft dir auch dieser Artikel zu den 10 wichtigsten Konzepten aus der Poetik von Aristoteles. Übrigens war sein Text zur Poetik nicht zur Veröffentlichung gedacht, sondern mehr als ein Text für eine Vorlesung vorgesehen. Dies ist deshalb eindeutig, weil der Text nicht in Dialogform, sondern in Aufsatzform geschrieben wurde.

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Autorin: Isabel Sulger Büel, veröffentlicht: 12. März 2021, letzte Aktualisierung: 7. Juli 2023.

Keine Lust zu lesen? Schau dir das Video an.

Kapitel 1: Das erste Unterscheidungsmerkmal

Die Poetik von Aristoteles handelt von der Dichtkunst selbst, von ihren Gattungen, deren Wirkungen und wie die Handlungen zusammengefügt werden muss, damit eine gute Dichtung entsteht.

Alle Formen der Darstellung, egal ob Epik, Tragödie, Komödie, Dithyrambendichtung (Art der Chorlyrik für den Gott Dionysos), Flöten- und Zitherspiel sind Arten der Nachahmung. Allerdings unterscheiden sich diese Gattungen durch jeweils drei Faktoren: entweder dadurch, dass sie verschiedene Mittel verwenden oder dadurch, dass sie je verschiedene Gegenstände behandeln oder dadurch, dass sie auf unterschiedliche Weise nachahmen.

Drei Mittel sind für die Gattungen der Nachahmung grundlegend: Rhythmus, Sprache und Melodie. Einige Gattungen benötigen nur eines dieser Mittel, andere benötigen mehrere davon.

Kapitel 2: Das zweite Unterscheidungsmerkmal

In den verschiedenen Gattungen werden handelnde Menschen nachgeahmt. Diese sind in erster Linie gut oder schlecht, da ihr Charakter entweder in Schlechtigkeit oder Güte überwiegt. Demnach werden Handelnde nachgeahmt, die entweder besser oder schlechter sind als wir oder uns ähnlich sind. Zur Veranschaulichung nennt Aristoteles je drei Beispiele aus der Malerei und der Dichtkunst. Der erste grosse Unterschied zwischen Tragödie und Komödie ist für Aristoteles, dass die Komödie schlechtere Menschen und die Tragödie bessere Menschen nachahmen, als diese in der Wirklichkeit vorkommen. Uns ähnliche Menschen fallen in diesen Gattungen anscheinend weg.

Kapitel 3: Das dritte Unterscheidungsmerkmal

Das dritte Unterscheidungsmerkmal ist die Art und Weise, wie eine Nachahmung von statten geht. Dabei bezieht sich Aristoteles eigentlich nur auf die Dichtung im engeren Sinne, versucht dieses Konzept auf alle nachahmenden Gattungen auszuweiten. Aristoteles bezeichnet die Werke von Homer und Aristophanes als «Dramen», da sie «sich Betätigende» nachahmen. Dann stellt Aristoteles noch einige Vermutungen zu der Wortherkunft für den Begriff der Komödie an, von welchen jene der Dorer vom Wort «komai», was Vorort bedeutet, als richtig vermutet wird. Diese beinhaltet einen Festzug für den Gott Dionysios (wahrscheinlich durch Vororte).

Kapitel 4: Entstehung der Dichtkunst

Nach Aristoteles haben zwei natürliche Ursachen die Dichtkunst hervorgebracht: Zum einen die Nachahmung (Mimesis), welche dem Menschen von der Kindheit an gegeben sei und zum anderen den Rhythmus und die Melodie, welche zu Versen als Einheiten von Rhythmen geführt haben. Jene Personen, welche nun besonders begabt in Rhythmus und Melodie waren, haben aus der Improvisation die Dichtkunst hervorgebracht. 

Dann geht Aristoteles auf die Geschichte der Tragödie und Komödie ein. Er glaubt, dass edlere Dichter Preislieder und Hymnen, also Handlungen von guten Menschen hervorgebracht haben und dass die gewöhnlichen Dichter Handlungen von Schlechteren, also Rügelieder, gedichtet haben.

Aristoteles verknüpft die jambische Dichtung mit der Komödie, da diese ursprünglich aus dem Spottvers stamme. Der Tragik schreibt er die heroische Dichtung zu, welche er als Epik bezeichnet. Die epische Dichtform findet man also, nach Aristoteles, in der Tragödie wieder.

Die Tragödie entstand aus der Improvisation während des Dithyrambus, machte dann einen ausgiebigen Entwicklungsprozess durch bis schliesslich die uns bekannte Form der Tragödie entstanden war. Den Entwicklungsprozess gliedert Aristoteles wie folgt:

Vom Chor zur Tragödie
1. Nur Chor und ein Schauspieler
2. Aischylos: weniger Chorpassagen und zwei Schauspieler
3. Sophokles: weniger Chorpassagen, drei Schauspieler und das Bühnenbild

Der Prozess der Dichtform
1. Dithyrambus: Chorlyrik (Kultlied zu Ehren des Dionysos)
2. Satyrisch: Ein Satyrspiel ähnliche Vorstufe mit drei Merkmalen:

  1.  Kurze Handlung
  2. Auf Lachen zielende Diktion
  3. Trochäische Tetrameter als geeignetes Versmass (da tänzerische Wiedergabe)

3. Das Satyrische wurde bereits abgestreift. Die Dichtform hat sich zum Jambus gewandelt, da der Dialog eingebaut wurde und der Jambus für Dialoge am geeignetsten war. Aristoteles beweist dies daran, dass der Jambus in der Alltagssprache des antiken Griechenlands natürlicherweise verwendet wurde. 

Kapitel 5: Unterschiede zwischen der Tragödie und der Komödie

Die Komödie ahmt schlechte Menschen nach. Allerdings ist diese Schlechtigkeit auf das lächerliche im Hässlichen zu beziehen. Die Lächerlichkeit ist nach Aristoteles ein mit Hässlichkeit verbundener Fehler, welcher aber keinen Schmerz und kein Verderben verursacht (im Gegensatz zur Tragödie). Komödien etablierten sich etwa 50 Jahre nach der Tragödie, weshalb ihre Geschichte nach Aristoteles unklarer (im Dunkeln) ist.

Die Epik ist der Tragödie darin ähnlich, dass beide von guten Menschen handeln, wobei die Epik nur ein einziges Versmass verwendet und den Text berichtend überliefert wird. Ein weiterer Unterschied bilden die Zeiträume, in denen die Handlungen spielen. Während bei der Epik Jahrzehnte erzählt werden können (Odyssee) werden bei der Tragödie meist Handlungen von 24 Stunden (eines einzigen Sonnenumlaufs) wiedergegeben.

Alle Teile der Epik sind auch in der Tragödie vorhanden, aber nicht alle Teile der Tragödie sind in der Epik vorhanden. Daher kann ein geschultes Auge für Tragödien sowohl bei derselben als auch bei den Epen die Qualität der Handlung beurteilen.

Kapitel 6: Bestimmung der Tragödie

Die Bestimmung der Tragödie ist es, im Zuschauenden Jammern und Schaudern auszulösen und so den Zuschauenden vom Übermass dieser Emotionen, welche in ihm schlummern, zu «reinigen».
In der Tragödie werden die Dialoge in Versen und Rhythmen gesprochen, die Chorlieder aber durch Melodie vertont. Nach Aristoteles vollführen handelnde Personen eine Nachahmung, welche durch Charakter und Erkenntnisfähigkeit bestimmt wird. Er meint damit die Rolle, welche durch ihr Handeln ihren Charakter zeigt und durch diesen ihr Glück oder Unglück bestimmt.

Weiter teilt Aristoteles eine Tragödie in sechs qualitative Teile ein, welche er in drei Kategorien gliedert

  1. Eine Art: Die Inszenierung
  2. Zwei Mittel: Melodik und Sprache
  3. Drei Gegenstände: Mythos, Charaktere, Erkenntnisfähigkeit

Aristoteles definiert weiter, dass nur eine Zusammenfügung von Geschehnissen, also mehrere verwobene Handlungsstränge zu einer echten Tragödie führen können.

Die Nachahmung von Handlung ist der Mythos. Unter dem Mythos versteht Aristoteles die Zusammensetzung der Geschehnisse (welche eben aus ihnen selbst heraus entstehen sollen).
Die Charaktere sind die Wertung der Handlung des Nachahmenden (gut/schlecht).
Die Erkenntnisfähigkeit ist das, was sie in ihren Reden aussagen oder wodurch sie urteilen.
Der wichtigste Teil ist die Zusammenfügung der Geschehnisse (und auch der schwerste).

Um den Charakter zu spielen, fügt sich der Schauspielende der Handlung des Stücks, deshalb bestimmt die Handlung das Glück oder Unglück der Figur und bestimmt auch die Beschaffenheit ihres Charakters. Ohne Handlung wäre keine Tragödie möglich, sehr wohl aber ohne Charakter einer Figur.

Jedenfalls definiert und kategorisiert Aristoteles folgende vier Punkte in genannter Reihenfolge als wichtig für die Tragödie

  1. Mythos: als Fundament für die Tragödie
  2. Charaktere: als spezifisch Handelnde
  3. Erkenntnisfähigkeit: als Neigung und Beschaffenheit der Figur/Rolle
  4. Sprache: zur Verständigung im Allgemeinen

Kapitel 7: Länge der Tragödie

Da die Zusammenfügung der Geschehnisse grundlegend ist, behandelt Aristoteles diese im Kapitel sieben ausführlich. Die Handlung muss in sich geschlossen und ganzheitlich sein und einer bestimmten Länge entsprechen (24h). Als ganzes wird etwas mit einem Anfang, einer Mitte und einem Ende bezeichnet. Aristoteles definiert also die Dreiteilung der Tragödie in Anfang, Mitte und Ende. Er bestimmt diese Begriffe Anfang, Ende und Mitte so, wie sie dem heutigen Verständnis entsprechen (S.25).

Wichtig bei der Zusammenfügung der Geschehnisse ist die Berücksichtigung der Länge und der Anordnung. Die Handlungen einer Tragödie bedürfen einer bestimmten Länge und Anordnung, damit sich diese beim Publikum einprägen. Wenn dies nicht der Fall ist, tritt die eigentliche Wirkung der Tragödie, welche durch Jammern und Schaudern zur «Reinigung» (Katharsis) führt, nicht ein.

Die Länge des Stücks muss, so Aristoteles, durch die Handlung bestimmt werden. Die Handlung muss so lange sein, dass der Glücksumschwung des Helden erzählt werden kann. Die Geschichte des Helden ist also so lange zu erzählen, bis jener sich durch einen selbst verursachten Fehler (hamartía) ins Unglück bringt.

Kapitel 8: Anordnung der Geschichte

Der Held alleine bestimmt nicht die Einheit des Stücks, sondern die Anordnung der Geschehnisse in der Handlung bestimmen diese Einheit. Als Beispiel bringt Aristoteles die Odyssee von Homer, in welcher gewisse Elemente der Erzählung bewusst ausgelassen werden oder als Rückblenden zum richtigen Zeitpunkt, von anderen Personen als dem Helden, eingeflochten werden. Aristoteles befürwortet eine anachronische (Erzählung mit vor- und rückblenden) Erzählweise, welche Ellipsen enthält. Erzähltes darf nur in der Geschichte vorhanden sein, wenn es diese massgeblich beeinflusst.

Kapitel 9: Unterschied zwischen Geschichtsschreibenden und Dichtenden

Aristoteles unterscheidet Geschichtsschreibende und Dichtende wie folgt: Der Erste beschreibt, was wirklich geschehen ist. Der Zweite beschreibt, was geschehen sein könnte. Dies macht, nach Aristoteles, die Dichtung zu einem philosophischen Gegenstand.

Dichtung: behandelt Allgemeines
Geschichtsschreibung: behandelt Spezifisches

Dichtung will das allgemeine Wesen des Menschen einfangen.

Komödien seien, nach Aristoteles, nach den Regeln der Wahrscheinlichkeit aufgebaut. Die Dichter der Komödien erstellen zuerst das Stück und die Handlung(en) und geben den Figuren erst zum Ende Namen. Tragödien handeln von Personen, welche wirklich gelebt haben. Aristoteles begründet dies damit, dass wirklich geschehenes glaubwürdig ist.

Man darf Tragödien aber auch erfinden, so wie dies «Agathon» im Stück «Antheus» tat. Es bereite trotzdem vergnügen. Daraus schliesst Aristoteles, dass Dichter mehr mit Fabeln zu tun haben als mit Versen: Denn Dichter beschreiben Handlungen und Handlungen dürfen erfunden sein, solange sie mit gewisser Wahrscheinlichkeit hätten geschehen können.

Die Schauspieler der attischen Antike mochten Theaterstücke mit Deklamationen lieber, da sie mit diesen ihre rhetorischen Fähigkeiten zur Schau stellen konnten. Nach Aristoteles ziehen diese das Stück aber unnötigerweise in die Länge und würden den Zusammenhang der Handlung zerreissen. Eine Nachahmung bedingt eine geschlossene Handlung, aber auch Schaudererregendes und Jammervolles.

Kapitel 10: Einfache und komplizierte Handlungen

Jammern und Schaudern entstehen vor allem dann, wenn die Ereignisse überraschend eintreten und trotzdem auseinander hervorgehen. Dabei unterscheidet Aristoteles zwei Arten der Handlungen, die Einfachen und die Komplizierten. Einfache Handlungen bilden eine Einheit, vollziehen aber ihre Wende (Glücksumschwung) ohne Wiedererkennung. Im Gegensatz dazu vollzieht eine komplizierte Handlung eine Einheit und eine Wende mit Wiedererkennung. (Eine Wende, in der sich Personen wiedererkennen.)

Dies geht daraus hervor, ob ein Ereignis infolge eines anderen entsteht oder ob ein Ereignis nach dem anderen geschieht. Die Wende definiert Aristoteles als den Umschlag von dem was erreicht werden soll, in das Gegenteil davon. Die Wende untersteht dabei den Gesetzmässigkeiten von Wahrscheinlichkeit oder Notwendigkeit.

Kapitel 11: Definition der Wiedererkennung

Die Wiedererkennung definiert Aristoteles als den Umschlag von Unkenntnis in (Er-)Kenntnis. Am besten sollte die Wiedererkennung mit der Wende (Peripetie) eintreten. Die Wiedererkennung kann auch Gegenstände und Taten beinhalten, allerdings distanziert sich Aristoteles von diesen beiden Möglichkeiten und fokussiert auf die Wiedererkennung von Personen, da diese am besten zur Fabel und zur Handlung passt.

Dies begründet Aristoteles dadurch, dass nur die Wiedererkennung von Personen mit einer zusammenfallenden Peripetie «Jammer und Schauder» hervorruft und dies ist, durch die daraus folgende Katharsis, der Sinn einer Tragödie. Weiter entsteht aus diesem Zusammenfallen das Glück oder das Unglück (im Fall der Tragödie eher das Unglück) der Personen.

Deshalb fokussiert Aristoteles auf die Wiedererkennung von Personen, in welchem die eine Person im Verhältnis zur anderen Person steht und sich bald beide gegenseitig wiedererkennen.
Die Peripetie und die Wiedererkennung sind zwei Teile der Fabel einer Tragödie, der dritte Teil ist das Leid. Leid bedeuten in der aristotelischen Tragödie Todesfälle auf offener Bühne, heftige Schmerzen, Verwundungen und dergleichen mehr.

Kapitel 12: Teile einer Tragödie

Eine Tragödie besteht ausfolgenden Teilen
Prolog: Ganzer Teil der Tragödie vor dem Einzug des Chors
Parodos: Der erste ganze Teil, den der Chor vorträgt
Episode: Der ganze Teil der Tragödie zwischen ganzen Chorliedern
Stasimon: Standlied des Chors (zu Aristoteles Zeiten ohne Anapäst und Trochäus)
Exodos: Der ganze Teil der Tragödie nach dem letzten Chorlied

Eine Besonderheit gibt es nur in der Tragödie: Den Kommos; ein vom Chor und vom Solosänger gemeinsam gesungenes Klagelied.

Kapitel 13: Definition des tragischen Helden

Keine tragischen Helden sind

1. Makellose Männer im tragischen Glücksumschwung, dies wäre nach Aristoteles abscheulich, da der Glaube an eine sinnvolle Weltordnung zerstört würde.

2. Der Schuft, welcher vom Unglück ins Glück findet. Dieses Szenario ist zu untragisch, da es weder menschenfreundlich (natürlich) noch schaudererregend oder jammervoll sei.

3. Der ganz schlechte Mensch, welcher einen Umschlag vom Glück ins Unglück erlebt. Dieses Szenario ist zwar menschenfreundlich, aber ohne Jammer noch Schauder. Denn der Jammer stellt sich beim Publikum nur ein, wenn dies einem Menschen passiert, der sein Unglück nicht verdient hat und ein schlechter Mensch verdient dies. Zum anderen stellt sich der Schauder nur bei Publikum ein, wenn der tragische Held dem Publikum in gewisser Weise ähnelt, was ein ganz schlechter Mensch nicht tut. Deshalb ist der Glücksumschwung eines ganz schlechten Menschen weder jammervoll noch schaudererregend.

Ein tragischer Held ist

4. Übrig bleibt der Held, der zwischen den genannten Möglichkeiten steht. Dies ist bei jemandem der Fall, der nicht trotz seiner sittlichen Grösse und seines Gerechtigkeitsstrebens, aber auch nicht wegen seiner Schlechtigkeit und Gemeinheit einen Umschlag ins Unglück erlebt, sondern wegen eines Fehlers. (Dieser soll durch mangelnde Einsicht entstehen.)

Eine Tragödie muss vom Glück ins Unglück führen, weil nur die tragischste Tragödie Jammern und Schaudern auslöst. Dies bedeutet dann auch die beste Tragödie zu sein.

Kapitel 14: Die pathosträchtige Konfliktsituation

Hier beginnt Aristoteles mit einem neuen Thema, nämlich der pathosträchtigen Konfliktsituation.

Erstens beinhaltet diese, dass der innere Zusammenhang wichtiger ist als die szenische Darbietung. (Wie beim Film, nur ein gutes Script ergibt einen guten Film.) Dabei soll sich die tragische Wirkung schon aus dem inneren Zusammenhang ergeben.

Zweitens beinhaltet diese, eine intensive Wirkung, in dem ein leidvolles Geschehen unter sich nahestehenden Personen geschieht.

Drittens entscheidet das Wissen oder Nichtwissen der Figuren, über diese nahestehende Beziehung zwischen ihnen, darüber ob eine Tat/Handlung vollzogen oder verhindert wird.
Ein Beispiel: Ödipus der seinen Vater tötet und seine Mutter heiratet, weil er eben nicht weiss, dass dieses Paar seine Eltern sind und nach dem er es erfährt den Freitod wählt.

Eine Tragödie darf nach Aristoteles schauderhaft sein, aber niemals grauenhaft. Was Aristoteles unter Grauenhaft versteht, ist für mich unklar.

Jedenfalls müssen folgende Begebenheiten gegeben sein, um in einer Tragödie furchtbare oder bejammernswerte Ereignisse zu erzeugen:

Notwendigerweise geschehen solche Handlungen zwischen sich nahestehenden Personen, Feinden oder Personen, die sich nicht nahestehen.

  1. Wenn ein Feind einem Feind etwas antut, entsteht kein Jammer nur Leid. Dasselbe gilt für sich nicht nahestehende Personen.
  2. Als nahestehende Personen werden von Aristoteles immer Familienmitglieder genannt (Vater – Sohn, Sohn – Mutter, Mutter – Vater)

Der Dichter hat in der Handlung keinen Spielraum, wenn Orestes seine Mutter tötet, muss diese Handlung in jeder Adaption bleiben. Allerdings kann der Dichter die Motivation der Figuren beeinflussen.

Aristoteles nennt vier Motivationen für eine Figur

  1. (Vermutete Variante, die im Text selbst fehlt) Die Tat wird mit voller Absicht geplant, aber nicht ausgeführt. Enthält Abscheu, aber nicht tragisches und bildet deshalb die schlechteste Variante.
  2. Die handelnde Figur vollzieht die Tat in vollem Wissen. (z.B. Medea) Bildet nach Aristoteles die zweit schlechteste Variante.
  3. Die Furchtbarkeit der Handlung bleibt der handelnden Figur erst unbekannt. Erst nachdem die Handlung ausgeführt wurde, erkennt die Figur deren Tragweite. (z.B. Ödipus) Diese Art der Motivation enthält nichts abscheuliches, aber dafür als zweites eine tiefe Erschütterung. Diese Variante findet Aristoteles die zweitbeste Variante.
  4. Die Figur hegt die Absicht aus Unkenntnis etwas Unheilbares (unverzeihliches) zu tun, erlangt kurz davor aber die Einsicht über deren Tragweite und führt die Tat nicht aus. Diese Variante findet Aristoteles die beste Variante.

Kapitel 15: Eigenschaften von glaubwürdigen Charakteren

Charaktere beinhalten nach Aristoteles vier Merkmale

  1. Tüchtigkeit: Der tragische Held muss tüchtig sein. Das bedeutet, bestimmte Neigungen müssten tüchtig sein. Beherrschte gelten als weniger tüchtig als herrschende.
  2. Angemessenheit: Eine Frau kann tapfer sein, aber nicht in derselben Weise wie ein Mann dies ist. Aristoteles erwartet vom Dichter eine Differenzierung, welche erkennbar ist.
  3. Ähnliches: Ist aber anders als tüchtig und angemessen.
  4. Gleichmässigkeit: Wenn eine Figur einen ungleichmässigen Charakter hat, muss dieser immerhin auf gleichmässige Weise ungleichmässig sein.

Als Beispiel für einen in unnötiger Weise schlechten Charakter nennt Aristoteles Menelaos aus dem Stück Orestes. Als weiteres Beispiel für einen unangepassten und nicht angemessenen Charakter nennt er das Klagelied des Odysseus in der «Skylla». Zuletzt nennt Aristoteles die «Iphigenie auf Aulis» als Beispiel, für einen ungleichmässigen Charakter, da sie erst um Gnade für ihre Opferung bittet und danach sich freudig willig Opfern lassen will.

Weiter muss ein Dichter sowohl bei den Charakteren als auch bei der Zusammenfügung der Geschehnisse stets auf die Notwendigkeit oder Wahrscheinlichkeit bedacht sein. Eine Handlung sollte aus sich selbst entstehen und nicht durch den Eingriff eines Gottes herbeigeführt werden (Deus ex Machina). Götter dürfen von einem Dichter nur verwendet werden, wenn sie ausserhalb der Bühnenhandlung eingeflochten werden (Vorgeschichte & Voraussagen). In den Geschehnissen einer Handlung muss alles aufgehen. Es sollte keine «Deus ex Machina» nötig sein. 

Individuelle Züge der Charaktere müssen wiedergegeben werden. Dabei verwendet Aristoteles immer zwei Komponenten, davon ist eine positiv und eine negativ. Als Beispiel nennt er Achilleus, welcher schroff und tüchtig ist.

Kapitel 16: Arten der Wiedererkennung

1. Wiedererkennung durch Zeichen
Diese Art wird von Aristoteles als die schwächste Art der Wiedererkennung bezeichnet und gleichzeitig als jene, welche am häufigsten verwendet wird. Zeichen sind dabei angeboren oder erworben, also beispielsweise Geburtsmale oder Narben.

2. Vom Dichter erdachte Wiedererkennung
Diese Art der Wiedererkennung findet Aristoteles ebenfalls kunstlos, da sie zu direkt und einfach sei. Als Beispiel nennt Aristoteles Orestes, der von sich aussagt, dass er Orestes ist und sich einfach zu erkennen gibt. Orestes sagt folglich von sich aus, was der Dichter für die Handlung braucht.

3. Wiedererkennung auf Grund der Erinnerung
Bei dieser Form der Wiedererkennung, löst ein Umstand eine Erinnerung und dadurch eine Emotion beim Protagonisten aus. Als Beispiel nennt Aristoteles unter anderen Odysseus, welcher zu Weinen beginnt, nachdem er ein Heldenlied über seine Taten bei der Schlacht zu Troja hört. Daraufhin fragt ihn der Rhapsode, wer er sei.

4. Wiedererkennung durch Schlussfolgerung oder Fehlschluss
Schlussfolgerung: Die Figuren leiten aus Zeichen, welche sie finden, logische Ereignisse ab. Als ein Beispiel wird Elektra genannt, welche auf dem Grab ihres Vaters eine Haarlocke findet, die ihrem eigenen Haar ähnelt. Da sie aber keine solche Locke dorthin tat, schlussfolgert sie, dass ihr Bruder Orestes zurückgekehrt ist, denn er hat ähnliches Haar wie sie.

Fehlschluss: Odysseus ist der Einzige, der seinen Bogen spannen kann. Diese Voraussetzung etabliert der Dichter. Doch selbst als Odysseus sagt, er werde «den Bogen» also seinen Bogen erkennen, ohne ihn gesehen zu haben, verrät er dabei nicht, wer er wirklich ist.

Die beste Variante der Wiedererkennung ist jene, welche sich aus den Geschehnissen selbst ergibt. Jene die in der Überraschung aus Wahrscheinlichem hervorgeht. Als Beispiel nennt Aristoteles die Iphigenie, bei der es Wahrscheinlich ist, dass sie den Fremden einen Brief zu übergeben wünscht, welche diese ihrer Familie übergeben sollen.

Als zweitbeste Variante nennt Aristoteles die Wiedererkennung aus den Schlussfolgerungen.

Kapitel 17: Schlüssigkeit der Handlung

Die Handlung in einer Tragödie muss aufgehen, sonst nimmt das Publikum dies übel.
Schauspieler seien dann gut, wenn sie entweder wandlungsfähig oder stark erregbar seien.

Stoffe Bearbeiten
Der erste Schritt nach Aristoteles ist es, die Handlung erst einmal allgemein zu skizzieren: Handlung ohne Namen zusammenfassen (Fabel). Beispiel: Iphigenie auf Tauris

Der zweite Schritt nach Aristoteles ist es, die Handlung szenisch auszuarbeiten: Namen einsetzen und das Werk szenisch ausarbeiten. Szenen müssen auf Figuren/Personen zugeschnitten sein.

Beispiel: Orestes Wahnsinnsanfall und Reinigung davon, was beides von Iphigenie in Szene gesetzt wurde, um die Flucht von ihr und ihrem Bruder zu ermöglichen.

Kapitel 18: Die Arten der Tragödie

Jede Tragödie besteht aus Verknüpfung und Lösung. Verknüpfung beinhaltet, so Aristoteles, die Vorgeschichte und den einen (ersten) Teil der Bühnenhandlung. Unter dem ersten Teil versteht Aristoteles von Anfang bis kurz vor der Wende (Glücksumschwung).

Unter der Lösung versteht Aristoteles den Rest der Handlung. Also vom Anfang der Wende bis hin zum Schluss. 

Es gibt vier Arten von Tragödien

  1. Die Komplizierte: Die aus Peripetie und Wiedererkennung besteht
  2. Die mit schwerem Leid erfüllte: Beispiele sind; Aias- & Ixion-Tragödien (keine erhalten)
  3. Die Charakter darstellt: Beispiel; «Peleus» ein Stück von Sophokles (weiss man sehr wenig darüber)
  4. Unterwelttragödien: War anscheinend ein eigenes Genre von dem kein Paradigma (Muster, Stück) erhalten blieb. Beispiel: «Phorkides» Satyrspiel von Aischylos

Der Tragödiendichter muss alle (qualitativen) Teile zu handhaben verstehen, egal zu welcher Art sein Stück gehört.

Man soll nur Stücke vergleichen, die derselben Art angehören. Viele Dichter würden die Problematik (Knoten) gut aufbauen, aber schlecht auflösen. Es sollten aber beide Aspekte übereinstimmend vorhanden sein.

Epische Handlungsgefüge dürfen nicht zu Tragödien gemacht werden, dazu darf nur die Haupthandlung (evtl. ähnlich dem Fabelbeispiel Iphigenies) verwendet werden. Hier meint Aristoteles, dass alle Episoden zusammen, nicht für eine Tragödie geeignet sind. Die Episoden seien für einen Epos richtig lang, aber epische Handlungsvielfalt habe in Dramen (Tragödien) keinen Platz.

Einen Beweis dafür findet Aristoteles darin, dass jene Dichter, welche versuchten ganze Epen in Tragödien zu verwandeln, bei den Wettbewerben gescheitert sind. Stücke, welche eine epische Handlungsvielfalt meiden und sich auf einfache Ereignisfolgen beschränken seien in erheblichem Masse erfolgreicher, da sie das tragische und menschenfreundliche erreichen (Jammer und Schauder).

Dies wird zum Beispiel bewirkt, wenn jemand der klug, aber schlecht ist, betrogen wird. Ein Beispiel dafür wäre Sisyphos. Als zweites Beispiel nennt Aristoteles eine Figur die Tapfer aber ungerecht ist und unterliegt. 

Der Chor muss gleich stark ins Stück miteinbezogen werden, wie dies die Schauspielenden werden. Er muss Teil des Ganzen sein und an der Handlung beteiligt sein, wie dies Sophokles tat.

Kapitel 19: Geschehnisse einer Tragödie

Die Gedankenführung gehört nach Aristoteles in die Rhetorik. Zu ihr gehört aber, was mit Hilfe von Worten entstehen soll. Dazu gehört das Hervorrufen von Erregungszuständen und das Verfahren einem Gegenstand grössere oder geringere Bedeutung zu verleihen.

Dasselbe Verfahren gilt für die Geschehnisse einer Tragödie. Vor allem wenn es darum geht, dass die Geschehnisse als emotional, gross oder wahrscheinlich dargestellt werden. Dabei gibt es zwei Arten von Geschehnissen zum einen jene, welche ohne lenkende Hinweise passieren müssen und jene, welche durch die Rede erzeugt werden.

Die sprachliche Form gehört, nach Aristoteles, nicht zur Dichtkunst, weil die Intonation (Art und Weise der Aussage) die Gefühle einer Rede hervorruft. Nicht die Art und Weise, wie eine Text geschrieben sei.

Kapitel 20: Analyse der Sprache

Sprache gliedert sich in folgende Elemente: Buchstabe, Silbe, Konjunktion, Artikel, Nomen, Verb, Kasus, Satz.

Definition von Buchstaben: Unteilbarer Laut, aus dem sich eine Silbe oder ein Wort bilden lässt.

Arten von Buchstaben: Vokal, Halbvokal, Konsonant

Vokal: Einen hörbaren Laut, welcher sich ohne Gegenwirkung von Zunge oder Lippen ergibt. (Ich nehme an A, E, I, O, U)

Halbvokal: Einen hörbaren Laut, welcher sich mit der Gegenwirkung von Zunge oder Lippen ergibt. Beispiel: S & R

Konsonant: Keinen hörbaren Laut, welcher sich mit der Gegenwirkung von Zunge oder Lippen ergibt. Diese Laute sind in Verbindung mit Buchstaben hörbar. Beispiel: G & D

Silbe: Laut ohne Bedeutung, zusammengesetzt aus Konsonanten und Buchstaben sowohl GR als auch GRA. (Aristoteles definiert Silben anders als wir dies tun.)

Konjunktion: Laut ohne Bedeutung, kann an den Anfang, das Ende oder in die Mitte eines Satzes gestellt werden. Es kann aber auch ein Laut ohne Bedeutung sein, der aus zwei bedeutungshaften Lauten einen einzigen bedeutungshaften laut herstellt. Beispiel: amphi, peri

Artikel: (das habe ich leider nicht verstanden)

Nomen: Zusammengesetzter, bedeutungshafter Laut ohne Zeitbestimmung, von dem kein Teil an sich eine Bedeutung hat.
Beispiel: Theodoros als Name beinhaltet «doron» was Geschenk bedeutet, aber im Wort Theodoros keine Bedeutung hat.

Verb: Zusammengesetzter, bedeutungshafter Laut mit Zeitbestimmung, von dem kein Teil für sich etwas bedeutet.
Beispiel: «Er geht», «Er ist gegangen»

Kasus: findet sich beim Nomen oder beim Verb.
Beispiele: Bezeichnet Beziehungen (dieses, diesem), bezeichnet Einheit und Vielheit (Mensch, Menschen), bezeichnet Frage und Gebot (Ging er?, geh!),
Der Kasus umfasst bei Aristoteles sämtliche Flexionsformen.

Satz: Zusammengesetzter, bedeutungshafter Laut von dem einige Teile an sich etwas bedeuten. Ein Satz hat zwei Bedeutungsebenen, da er entweder einen Gegenstand bezeichnet oder aus Verknüpfungen mehrerer Teile besteht.
Beispiel: «Ilias» ist durch Verknüpfung eine Einheit. Dies umfasst Texte, deren Elemente durch Paratexte miteinander verknüpft sind.

Kapitel 21: Die Kategorien der Worte

Es gibt einfache Worte und zweifache Worte. Die zweifachen Worte sind aus einem bedeutungshaften Teil und aus einem Teil ohne Bedeutung. Es gibt aber auch Wörter, welche aus vielen Teilen bestehen. Der bedeutungshafte Teil beinhaltet die Substantive und der bedeutungslose Teil beinhaltet die Präpositionen.

Kategorien der Worte nach Aristoteles:

Üblicher Ausdruck: jeder gebraucht das Wort (Kulturübergreifend)
Glosse: andere gebrauchen das Wort
Dasselbe Wort kann sowohl einen üblichen Ausdruck als auch eine Glosse sein. Aber nicht in derselben Kultur, da dort Unterschiede bestehen.

Metapher: Übertragung eines Wortes (wird in uneigentlicher Bedeutung verwendet)

  1. Gattung auf Art = Mein Schiff steht still. (Meint: vor Anker liegend)
  2. Art auf die Gattung = wahrhaftig 10’000 gute Dinge hat Odysseus schon vollbracht. (10’000 steht für «viele»)
  3. Von einer Art auf die andere = Bildliche Veränderungen, anstelle von abschneidend wird abschöpfend verwendet.
  4. Regeln der Analogie = Das Alter steht zum Leben wie der Abend zum Tag. Daraus folgt: Abend des Lebens, Lebensabend.

Ausserdem besteht eine Analogie zwischen dem 2 Punkt zum 1 Punkt und zwischen dem 4 Punkt zum 3 Punkt.

Neubildung: Wortneuschöpfung des Dichters. Das Wort wird im Text des Dichters zum ersten Mal verwendet.

Erweiterung: Längerer Vokal als üblich oder eine eingeschobene Silbe.

Verkürzung: Wenn etwas vom Wort weggenommen wird.

Nomina sind männlich oder weiblich und die dritten stehen zwischen beidem. (bei uns heute: sächlich)

Im griechischen verhält sich dies nach Aristoteles wie folgt:
Männlich: Worte enden auf N, R, S und PS, X
Weiblich: Worte enden auf lange Vokale E & O und den kurzen oder langen Vokal A

Kein Nomen endet auf einen Konsonanten und auch nicht auf einen kurzen Vokal. Auf I enden nur drei Worte nämlich meli, kommi, péperi und auf Y enden nur 5 Worte. Die sächlichen Nomina (Nomen) enden auf N und S.

Kapitel 22: Verwendung der Sprache

Vollkommene Sprache ist für Aristoteles eine klare Sprache, welche aber nicht banal ist. Die klarste sprachliche Form wäre die reine Verwendung von üblichen Worten, was aber den Text banal machen würde. Eine sprachliche Form ist dann erhaben, wenn fremdartige Ausdrücke verwendet werden. Unter fremdartigen Ausdrücken versteht Aristoteles die Glosse, die Metapher, die Erweiterung und alle unüblichen Ausdrücke.

Wenn nur unübliche Ausdrücke in einem Text verwendet würden, wäre das Ergebnis ein Rätsel oder ein Barbarismus. (Also ein Text, bei dem man den Kontext erraten muss oder unleserlich ist.) Wenn Metaphern verwendet werden wird der Text zum Rätsel. Wenn Glossen verwendet werden wird er zum Barbarismus. Die unterschiedlichen Arten von Worten müssen gemischt werden, damit ein guter Text entsteht. Folgende Bezeichnungen machen einen Text nach Aristoteles wertvoll: Die Metapher und das Schmuckwort.

Erweiterungen, Verkürzungen und Abwandlungen tragen sowohl zur Klarheit als auch zur Ungewöhnlichkeit eines Textes bei. Denn diese Arten von Worten stehen dem Gewohnten nahe und schaffen Klarheit, sind aber dennoch etwas anders als die üblichen Ausdrücke. Allgemein muss ein Text massvoll und mit passenden Worten gestaltet werden.

Dabei sind die Metaphern nach Aristoteles am wichtigsten, denn in diesen kann ein Dichter nur durch Begabung gut sein. Erlernen kann er sie nicht. Eine gute Verwendung von Metaphern zeugt davon, dass ein Dichter Ähnlichkeiten zu erkennen vermag.

Zweifache Wörter ordnet Aristoteles dem Dithyrambus zu. Die Glossen ordnet er als heroisch ein, was ein daktylischer Hexameter bedeutet. Im daktylischen Hexameter sind alle behandelten Wortarten verwendbar. Die Metapher gehört nach Aristoteles zu den jambischen Versen, was soviel wie den Dialog im Drama bedeutet. Da jambische Verse die Umgangssprache nachahmen, sind sämtliche Alltagsworte angebracht. Diese beinhalten die üblichen Ausdrücke, die Metapher und die Schmuckworte. Abschliessend findet Aristoteles, dass er nun genügend über die Tragödie und die Nachahmung durch Handlung gesagt hätte.

Kapitel 23: Gutes versus schlechtes Epos

Was das Epos angeht, so muss man dessen Fabel wie in der Tragödie so zusammenfügen, dass sie dramatisch ist und auf eine einzige, in sich geschlossene, Handlung mit Anfang, Mitte und Ende bezieht.

Das Epos ist im Gegensatz zur Tragödie ausgedehnter und ahmt durch Erzählen, nicht Handeln, nach. Sie beinhaltet nur Verse ohne Melodik und verwendet nur ein Versmass (oft Jambus). Es wird vermutet, dass das Vergnügen eines Epos ähnlich dem der Tragödie durch Jammer und Schauder erzeugt wird.

Homer ist nach Aristoteles ein grossartiger Dichter, weil er Kriegsgeschehnisse in epischen Episoden erzählt und dadurch die Handlung übersichtlich gestaltet. Dabei hat er den «ganzen Krieg» (Die Ilias stellt 51 Tage aus dem letzten Jahr des trojanischen Krieges dar) in Abschnitte unterteilt, welche auch Nebenhandlungen behandeln. Allerdings sind diese Abschnitte, welche Episoden genannt werden, nicht in sich geschlossen und entsprechen deshalb nicht dem Verständnis des heutigen Episodenbegriffs.

Aus einem guten Epos können eine bis maximal zwei Tragödien abgeleitet werden. Aus einem schlechten Epos können unzählige Tragödien abgeleitet werden.

Kapitel 24: Homer als Maßstab

Das Epos verhält sich in Einfachheit, Kompliziertheit, in Bezug auf Charakterdarstellung und schwerem Leid wie die Tragödie. Die qualitativen Teile von einem Epos sind dieselben wie bei der Tragödie. Ausgenommen davon sind lediglich die Melodik und die Inszenierung. Das Epos braucht, wie die Tragödie, Peripetien, Wiedererkennung, schwere Unglücksfälle. Zusätzlich benötigt das Epos aber auch eine gute Beschaffenheit von Gedankenführung und Sprache. 

Die Paare «einfach – kompliziert» und «Charakter – schweres Leid» können kombiniert werden. Als Beispiel gibt Aristoteles folgende an: 

Ilias: einfach und schweres Leid
Odyssee: kompliziert und Charakter

Homer übertrifft nach Aristoteles alle anderen Dichter in Sprache und Gedankenführung. Am Epos findet er dessen Fähigkeit Handlung auszudehnen, dem Lesenden Abwechslung zu bieten und verschiedenartige Episoden einzubinden, grossartig. Aristoteles findet, dass ein Epos dadurch Grossartigkeit erlangt. Dies im Gegensatz zur Tragödie, welche in ihrer Gleichförmigkeit rasch zur Übersättigung des Publikums führt und deshalb kurzgehalten werden muss, beziehungsweise in den Wettbewerben wegen ihrer Länge oft durchfallen.

Der Jambus und der Tetrameter sind bewegte Masse, der Tetrameter für den Tanz und der Jambus für die Handlung. Das heroische Versmass ist am besten für handelnde Erzählung, damit ist erneut der daktylische Hexameter gemeint. 

Homer sei auch deshalb ein grosser Dichter, weil er viel direkte Rede verwende. Dies im Gegensatz zu den anderen Dichtern. Das Wunderbare im Epos bereitet Vergnügen (dachte jammern und schauern, aber vielleicht geht beides), Aristoteles’ Beweis dafür ist, dass jedermann in den Erzählungen übertreibt, in der Annahme dem Zuhörenden einen Gefallen zu tun.

Homer sei auch sehr gut mit Täuschungen und Fehlschlüssen umgegangen. Das unmögliche, was Wahrscheinlich ist, soll dem Möglichen das unglaubwürdig ist vorgezogen werden. Die Fabel muss in sich aufgehen, wenn diese nicht aufgeht sollen Ungereimtheiten nur in der Nebenhandlung stattfinden. Wenn ein Dichter trotzdem Ungereimtheiten in die Fabel einbaut, dann bitte einigermassen glaubwürdig.

Aristoteles bemerkt auch, dass Homer in der Odyssee unglaubwürdig erzählt, dies aber mit sonstiger guter Qualität kaschieren kann. Sprache sei besonders wichtig bei Abschnitten, die ohne Handlung sind und weder Charaktere noch eine Gedankenführung enthalten.

 

Kapitel 25: Unterschiedliche Lösungsansätze für Probleme in der Dichtkunst

Fehler Homers werden durch Kriterien von Aristoteles gerechtfertigt. Es macht den Anschein, als würde er diese schönreden.

Die Homerprobleme werden durch folgende Ansätze gelöst

  1. Prüfung der Darstellungsabsicht
  2. Rekurs auf rein sprachliche Gesichtspunkte
  3. Argumentation, welche Fehler sich aus ästhetischer Sicht als unerheblich erweisen

Ein Dichter erzählt in vier Arten von Dingen: wie sie waren oder sind, wie sie seien, wie sie zu sein scheinen oder wie sie sein sollten. Zusammengefasst, aus der Vergangenheit, der Gegenwart, der Zukunft oder aus der Fantasie.

Die Richtigkeit kann in der Dichtkunst variieren. Dies im Gegensatz zur Staatskunst. Wenn ein Dichter wissentlich falsch erzählt, ist es ein Fehler. Wenn er dies im Unwissen tut, ist es kein Fehler.

Die Darstellung des Textes, die dazugehörige Haltung, die Gestik sowie die Art der Rede sind ebenfalls zu berücksichtigen, wenn es um Ungereimtheiten geht.

Folgende Lösungsansätze beschreibt Aristoteles für die Sprache

  1. Betonung und Pausen
  2. Doppeldeutigkeit
  3. Sprachgebrauch
  4. Metaphern

Anzahl der Bedeutungen, welche Worte haben, müssen geprüft werden. Aristoteles löst viele Probleme durch schönredende Argumentation. Erneut muss das Unmögliche, was glaubwürdig ist, das Mögliche was unglaubwürdig ist übertreffen. Das Beispielhafte muss die Wirklichkeit übertreffen.

Man kann ferner zeigen, dass das Ungereimte bisweilen nicht ungereimt ist, es ist ja wahrscheinlich, dass sich manches gegen die Wahrscheinlichkeit abspielt. Der Vorwurf der Ungereimtheit ist berechtigt, wenn der Dichter ohne zwingenden Grund davon Gebrauch macht.

Fünf Kategorien der Vorwürfe

  1. Das etwas unmöglich sei
  2. Das etwas ungereimt sei
  3. Das etwas sittlich schlecht sei
  4. Das etwas widersinnig sei
  5. Das etwas den Erfordernissen einer Disziplin (Tragödie oder Epos) entgegengesetzt sei

Kapitel 26: Die Tragödie gewinnt

Man kann die Frage stellen, welche Art der Nachahmung die bessere sei, die Epische oder die Tragische. Konservative Adelskreise geben dem Epos den Vorrang. Nach diesen Kreisen wendet sich das Epos an ein gebildetes Publikum und die Tragödie an ein ungebildetes Publikum.

Aristoteles argumentiert mit folgenden Punkten für die Tragödie

  1. Die Tragödie wirkt auch durch die blosse Lektüre davon
  2. Die Tragödie enthält alles, was das Epos enthält
  3. Das Merkmal der Eindringlichkeit ist bei der Tragödie durch Lektüre und Aufführung gegeben
  4. Die straffere Handlung in der Tragödie erreicht auch ihr Ziel der Nachahmung
  5. Die Tragödie bildet eine eindeutige Einheit

Die Tragödie ist, nach Aristoteles, dem Epos überlegen, da sie die Wirkung von Jammer & Schauder effizienter erreicht. Dies, weil die Affekte auch beim Lesen der Tragödie hervorgerufen werden. Da Tragödien aber kürzer sind als Epen, tritt die Reinigung der Emotionen schneller ein. Mit diesem Fazit schliesst Aristoteles seine Erläuterungen zur Poetik.

Wie hat dir die Poetik von Aristoteles gefallen? Welche Punkte haben dich besonders inspiriert?
Bist du mit allen Punkten einverstanden oder findest du einige sind einfach nur überholt und veraltet?

Ich freue mich sehr auf deine Anmerkungen.



Beste Grüsse,
Isabel

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10 Konzepte Poetik Aristoteles

10 wichtige Konzepte aus der Poetik von Aristoteles

Die Poetik von Aristoteles ist uns leider nur fragmentarisch überliefert worden und deshalb etwas sperrig zu lesen. Einige Teile fehlen und der vermutete zweite Teil, über die Komödie, ging ganz verloren. Trotzdem habe ich versucht seine Dichtungstheorie so gut als möglich zu verstehen und die wichtigsten Konzepte herauszufiltern.

Möglicherweise hilft dir auch dieser Artikel mit der kompletten Zusammenfassung zur Poetik. Übrigens war dieser Text von Aristoteles niemals zur Veröffentlichung gedacht, sondern mehr für eine Vorlesung. Es könnten aber auch einfach Notizen des grossen Gelehrten gewesen sein. Dies weiss man, weil der Text nicht in Dialogform sondern in Aufsatzform geschrieben wurde.

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Autorin: Isabel Sulger Büel, veröffentlicht: 11. März 2021.

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1. Die Handlung muss schlüssig sein

Die Handlung in einer Tragödie muss aufgehen, sonst nimmt das Publikum dies übel. Dabei sollte sie aus sich selbst entstehen und nicht durch den Eingriff eines Gottes herbeigeführt werden (Deus ex Machina). Götter dürfen von einem Dichter nur verwendet werden, wenn sie ausserhalb der Bühnenhandlung eingeflochten werden (Vorgeschichte & Voraussagen). In den Geschehnissen einer Handlung muss alles aufgehen. Es sollte keine «Deus ex Machina» nötig sein.

Aristoteles definiert weiter, dass nur eine Zusammenfügung von Geschehnissen, also mehrere verwobene Handlungsstränge zu einer echten Tragödie führen können. Allerdings müssen diese eine Einheit bilden diese Einheit wird nicht durch den Helden bestimmt, sondern durch die Anordnung der Geschehnisse in der Handlung. Als Beispiel nennt Aristoteles die Odyssee von Homer, in welcher gewisse Elemente der Erzählung bewusst ausgelassen werden oder als Rückblenden zum richtigen Zeitpunkt, von anderen Personen als dem Helden, eingeflochten werden. Aristoteles befürwortet eine anachronische (Erzählung mit vor- und rückblenden) Erzählweise, welche Ellipsen enthält. Erzähltes darf nur in der Geschichte vorhanden sein, wenn es diese massgeblich beeinflusst.

Um die Bestimmung der Tragödie erfüllen zu können, müssen Ereignisse überraschend eintreten und trotzdem auseinander hervorgehen. Dabei unterscheidet Aristoteles zwei Arten der Handlungen, die Einfachen und die Komplizierten. Einfache Handlungen bilden eine Einheit, vollziehen aber ihre Wende (Glücksumschwung) ohne Wiedererkennung. Im Gegensatz dazu vollzieht eine komplizierte Handlung eine Einheit und eine Wende mit Wiedererkennung. Dies bedeutet eine Wende, in der sich Personen wiedererkennen. Aristoteles definiert diesen Umstand damit, ob ein Ereignis infolge eines anderen entsteht oder ob ein Ereignis nach dem anderen geschieht. Also ob diese in einem Zusammenhang mit einerander verknüpft sind oder einfach nach einander aufgereiht wurden.

2. Die qualitativen Teile der Tragödie

Aristoteles teilt eine Tragödie in sechs qualitative Teile ein, welche er in drei Kategorien gliedert

  1. Eine Art: Die Inszenierung
  2. Zwei Mittel: Melodik und Sprache
  3. Drei Gegenstände: Mythos, Charaktere, Erkenntnisfähigkeit

Die Nachahmung von Handlung ist der Mythos. Unter dem Mythos versteht Aristoteles die Zusammensetzung der Geschehnisse, welche eben aus ihnen selbst heraus entstehen sollen. Die Charaktere bedeuten die Bewertung der Handlung des Nachahmenden. Der Schauspielende handelt gut oder schlecht. Die Erkenntnisfähigkeit ist das, was die Schauspielenden in ihren Reden über ihre Figuren aussagen oder wodurch ihre Figuren über andere Figuren urteilen. Der wichtigste Teil ist die Zusammenfügung der Geschehnisse.

Um den Charakter zu spielen, fügt sich der Schauspielende der Handlung des Stücks, deshalb bestimmt die Handlung das Glück oder Unglück der Figur und bestimmt auch die Beschaffenheit ihres Charakters. Ohne Handlung wäre keine Tragödie möglich, sehr wohl aber ohne Charakter einer Figur.

Die oben erläuterten Kategorien definiert und kategorisiert Aristoteles, in genannter Reihenfolge

  1. Mythos: als Fundament für die Tragödie
  2. Charaktere: als spezifisch Handelnde
  3. Erkenntnisfähigkeit: als Neigung und Beschaffenheit der Figur
  4. Sprache: zur Verständigung im Allgemeinen

3. Entstehung der Tragödie

Nach Aristoteles haben zwei natürliche Ursachen die Dichtkunst hervorgebracht: Zum einen die Nachahmung (Mimesis), welche dem Menschen von der Kindheit an gegeben sei und zum anderen den Rhythmus und die Melodie, welche zu Versen als Einheiten von Rhythmen geführt haben. Jene Personen, welche nun besonders begabt in Rhythmus und Melodie waren, haben aus der Improvisation die Dichtkunst hervorgebracht.

Dann geht Aristoteles auf die Geschichte der Tragödie und Komödie ein. Er glaubt, dass edlere Dichter Preislieder und Hymnen, also Handlungen von guten Menschen hervorgebracht haben. Der Tragik schreibt er die heroische Dichtung zu, welche er als Epik bezeichnet. Die epische Dichtform findet man also, nach Aristoteles, in der Tragödie wieder.

Die Tragödie entstand aus der Improvisation während des Dithyrambos, machte dann einen ausgiebigen Entwicklungsprozess durch bis schliesslich die uns bekannte Form der Tragödie entstanden war. Den Entwicklungsprozess gliedert Aristoteles wie folgt:

Vom Chor zur Tragödie
1. Nur Chor und ein Schauspieler
2. Aischylos: weniger Chorpassagen und zwei Schauspieler
3. Sophokles: weniger Chorpassagen, drei Schauspieler und das Bühnenbild

Der Prozess der Dichtform
1. Dithyrambos: Chrolyrik (Kultlied zu Ehren des Dionysos)
2. Satyrisch: Eine Satyrspiel ähnliche Vorstufe mit drei Merkmalen:
1. Kurze Handlung
2. Auf Lachen zielende Diktion
3. Trochäische Tetrameter als geeignetes Versmass, da es tänzerisch Wiedergegeben wird
4. Das Satyrische wurde bereits abgestreift. Die Dichtform hat sich zum Jambus gewandelt, da der Dialog eingebaut wurde und der Jambus für Dialoge am geeignetsten war. Aristoteles Beweisführung für diese Aussage begründet er damit, dass der Jambus in der Alltagssprache des antiken Griechenlands natürlicherweise verwendet wurde.

4. Bestimmung der Tragödie

Die Bestimmung der Tragödie ist es, im Zuschauenden Jammern (eleos) und Schaudern (phobos) auszulösen und so den Zuschauenden vom Übermass dieser Emotionen, welche in ihm schlummern, zu «reinigen» (katharsis).
In der Tragödie werden die Dialoge in Versen und Rhythmen gesprochen, die Chorlieder aber durch Melodie vertont. Nach Aristoteles vollführen handelnde Personen eine Nachahmung, welche durch Charakter und Erkenntnisfähigkeit bestimmt wird. Er meint damit die Rolle, welche durch ihr Handeln ihren Charakter zeigt und dadurch ihr Glück oder Unglück bestimmt.

5. Aufbau der Tragödie

Da die Zusammenfügung der Geschehnisse grundlegend ist, behandelt Aristoteles diese im Kapitel sieben ausführlich. Die Handlung muss in sich geschlossen und ganzheitlich sein und einer bestimmten Länge entsprechen (24h). Als ganzes wird etwas mit einem Anfang, einer Mitte und einem Ende bezeichnet. Aristoteles definiert also die Dreiteilung der Tragödie in Anfang, Mitte und Ende. Er bestimmt diese Begriffe Anfang, Ende und Mitte so, wie sie dem heutigen Verständnis entsprechen (S.25).

Wichtig bei der Zusammenfügung der Geschehnisse ist die Berücksichtigung der Länge und der Anordnung. Die Handlungen einer Tragödie bedürfen einer bestimmten Länge und Anordnung, damit sich diese beim Publikum einprägen. Wenn dies nicht der Fall ist, tritt die eigentliche Wirkung der Tragödie, welche durch Jammern und Schaudern zur «Reinigung» (Katharsis) führt, nicht ein.

Die Länge des Stücks muss, so Aristoteles, durch die Handlung bestimmt werden. Die Handlung muss so lange sein, dass der Glücksumschwung des Helden erzählt werden kann. Die Geschichte des Helden ist also so lange zu erzählen, bis jener sich durch einen selbst verursachten Fehler (hamartía) ins Unglück bringt.

Eine Tragödie besteht aus folgenden Teilen
Prolog: Ganzer Teil der Tragödie vor dem Einzug des Chors
Parodos: Der erste ganze Teil, den der Chor vorträgt
Episode: Der ganze Teil der Tragödie zwischen ganzen Chorliedern
Stasimon: Standlied des Chors (zu Aristoteles Zeiten ohne Anapäst und Trochäus)
Exodos: Der ganze Teil der Tragödie nach dem letzten Chorlied

Eine Besonderheit gibt es nur in der Tragödie: Den Kommos; ein vom Chor und vom Solosänger gemeinsam gesungenes Klagelied.

6. Definition des tragischen Helden

Keine tragischen Helden sind

1. Makellose Männer im tragischen Glücksumschwung, dies wäre nach Aristoteles abscheulich, da der Glaube an eine sinnvolle Weltordnung zerstört würde.

2. Der Schuft, welcher vom Unglück ins Glück findet. Dieses Szenario ist zu untragisch, da es weder menschenfreundlich (natürlich) noch schaudererregend oder jammervoll sei.

3. Der ganz schlechte Mensch, welcher einen Umschlag vom Glück ins Unglück erlebt. Dieses Szenario ist zwar menschenfreundlich, aber ohne Jammer noch Schauder. Denn der Jammer stellt sich beim Publikum nur ein, wenn dies einem Menschen passiert, der sein Unglück nicht verdient hat und ein schlechter Mensch verdient dies. Zum anderen stellt sich der Schauder nur bei Publikum ein, wenn der tragische Held dem Publikum in gewisser Weise ähnelt, was ein ganz schlechter Mensch nicht tut. Deshalb ist der Glücksumschwung eines ganz schlechten Menschen weder jammervoll noch schaudererregend.

Ein tragischer Held ist

4. Übrig bleibt der Held, der zwischen den genannten Möglichkeiten steht. Dies ist bei jemandem der Fall, der nicht trotz seiner sittlichen Grösse und seines Gerechtigkeitsstrebens, aber auch nicht wegen seiner Schlechtigkeit und Gemeinheit einen Umschlag ins Unglück erlebt, sondern wegen eines Fehlers, der im Idealfall durch mangelnde Einsicht entsteht.

Eine Tragödie muss vom Glück ins Unglück führen, weil nur die tragischste Tragödie Jammern und Schaudern auslöst. Dies bedeutet dann auch, dass sie die beste Tragödie ist.

7. Wiedererkennung, Verknüpfung und Lösung in der Tragödie

Die Wiedererkennung definiert Aristoteles als den Umschlag von Unkenntnis in (Er-)Kenntnis. Am besten sollte die Wiedererkennung mit der Wende (Peripetie) eintreten. Die Wiedererkennung kann auch Gegenstände und Taten beinhalten, allerdings distanziert sich Aristoteles von diesen beiden Möglichkeiten und fokussiert auf die Wiedererkennung von Personen, da diese am besten zur Fabel und zur Handlung der Tragödie passt.

Dies begründet Aristoteles dadurch, dass nur die Wiedererkennung von Personen mit einer zusammenfallenden Peripetie «Jammer und Schauder» hervorruft und dies ist, durch die daraus folgende Katharsis, der Sinn einer Tragödie. Weiter entsteht aus diesem Zusammenfallen das Glück oder das Unglück (im Fall der Tragödie eher das Unglück) der Personen. 

Deshalb fokussiert Aristoteles auf die Wiedererkennung von Personen, in welcher zwei Personen in einem nahen Verhältnis stehen und sich bald beide gegenseitig wiedererkennen. Die Peripetie und die Wiedererkennung sind zwei Teile der Fabel einer Tragödie, der dritte Teil ist das Leid. Leid bedeuten in der aristotelischen Tragödie Todesfälle auf offener Bühne, heftige Schmerzen, Verwundungen und dergleichen mehr. Jede Tragödie besteht aus Verknüpfung und Lösung. Verknüpfung beinhaltet, so Aristoteles, die Vorgeschichte und den ersten Teil der Bühnenhandlung. Unter dem ersten Teil versteht Aristoteles von Anfang an bis kurz vor der Wende (Glücksumschwung).

Unter der Lösung versteht Aristoteles den Rest der Handlung. Also vom Anfang der Wende bis zum Schluss. 

Es gibt nach Aristoteles vier Arten von Tragödien

  1. Die Komplizierte: Die aus Peripetie und Wiedererkennung besteht
  2. Die mit schwerem Leid erfüllte: Beispiele sind; Aias- & Ixion-Tragödien (keine erhalten)
  3. Die Charakter darstellt: Beispiel; «Peleus» ein Stück von Sophokles (weiss man sehr wenig darüber)
  4. Unterwelttragödien: War anscheinend ein eigenes Genre von dem kein Paradigma (Muster, Stück) erhalten blieb.
    Beispiel; «Phorkides» Satyrspiel von Aischylos

Der Tragödiendichter muss alle (qualitativen) Teile zu handhaben verstehen, egal zu welcher Art sein Stück gehört.

8. Konzepte zur Komödie

Die Komödie ahmt schlechte Menschen nach. Allerdings ist diese Schlechtigkeit auf das lächerliche im Hässlichen zu beziehen. Die Lächerlichkeit ist nach Aristoteles ein mit Hässlichkeit verbundener Fehler, welcher aber keinen Schmerz und kein Verderben verursacht. Dies im Gegensatz zur Tragödie. Komödien etablierten sich etwa 50 Jahre nach der Tragödie, weshalb ihre Geschichte nach Aristoteles unklarer (im Dunkeln) ist.

Komödien seien, nach Aristoteles, nach den Regeln der Wahrscheinlichkeit aufgebaut. Die Dichter der Komödien erstellen zuerst das Stück und die Handlung(en) und geben den Figuren erst zum Ende Namen. Weiter stellt Aristoteles noch einige Vermutungen zu der Wortherkunft für den Begriff der Komödie an, von welchen jene der Dorer vom Wort «komai», was «Vorort» bedeutet, als richtig vermutet wird. Diese beinhaltet einen Festzug für den Gott Dionysios (wahrscheinlich durch Vororte).

Bei der Geschichte der Komödie glaubt Aristoteles, dass die gewöhnlichen Dichter Handlungen von Schlechteren, also Rügelieder, gedichtet haben. Dabei verknüpft Aristoteles die jambische Dichtung mit der Komödie, da diese ursprünglich aus dem Spottvers stamme.

Anmerkung der Autorin: Unter einer Lächerlichkeit verbunden mit Hässlichkeit, welche aber keine Konsequenzen hat verstehe ich zum Beispiel eine inzenierte Verwechslung. Wenn zum Beispiel die Tochter den Freund als Starkoch in den elterlichen Haushalt einschleust, um diesen der Mutter «vorzustellen». Ihre Handlung ist lächerlich und hässlich, da sie fürs Publikum lustig ist und die Figur ihre Mutter anlügt, aber am Ende hat diese Tat keine Konsequenzen, weil die Mutter ihr vergibt und die Tochter den Freund heiraten darf. (Aus Männer sind auch bloss Menschen von Tilly Hütter und Konrad Hansen)

9. Das Epos und die Tragödie

Was das Epos angeht, so muss man dessen Fabel wie in der Tragödie so zusammenfügen, dass sie dramatisch ist und auf eine einzige, in sich geschlossene, Handlung mit Anfang, Mitte und Ende bezieht.

Das Epos ist im Gegensatz zur Tragödie ausgedehnter und ahmt durch Erzählen, nicht Handeln, nach. Sie beinhaltet nur Verse ohne Melodik und verwendet nur ein Versmass (oft Jambus). Es wird vermutet, dass das Vergnügen eines Epos ähnlich dem der Tragödie durch Jammer und Schauder erzeugt wird. 

Homer ist nach Aristoteles ein grossartiger Dichter, weil er Kriegsgeschehnisse in epischen Episoden erzählt und dadurch die Handlung übersichtlich gestaltet. Dabei hat er den «ganzen Krieg» – die Ilias stellt 51 Tage aus dem letzten Jahr des trojanischen Krieges dar – in Abschnitte unterteilt, welche auch Nebenhandlungen behandeln. Allerdings sind diese Abschnitte, welche Episoden genannt werden, nicht in sich geschlossen und entsprechen deshalb nicht dem Verständnis des heutigen Episodenbegriffs. 

Aus einem guten Epos können eine bis maximal zwei Tragödien abgeleitet werden. Aus einem schlechten Epos können unzählige Tragödien abgeleitet werden. 

 

10. Die Tragödie gewinnt

Aristoteles beantwortet die Frage, welche Art der Nachahmung die bessere sei, die Epische oder die Tragische. Konservative Adelskreise gaben im antiken Griechenland dem Epos den Vorrang. Da für die antike Elite sich das Epos an ein gebildetes Publikum und die Tragödie an ein ungebildetes Publikum wenden würden.

Aristoteles argumentiert mit folgenden Punkten für die Tragödie

  1. Die Tragödie wirkt auch durch die blosse Lektüre davon
  2. Die Tragödie enthält alles, was das Epos enthält
  3. Das Merkmal der Eindringlichkeit ist bei der Tragödie durch Lektüre und Aufführung gegeben
  4. Die straffere Handlung in der Tragödie erreicht auch ihr Ziel der Nachahmung
  5. Die Tragödie bildet eine eindeutige Einheit

Die Tragödie ist, nach Aristoteles, dem Epos überlegen, da diese ihre Wirkung (von Jammer & Schauder) besser erreicht. Mit diesem Fazit schliesst Aristoteles seine Erläuterungen zur Tragödie und dem Epos. Wie schon in der Einleitung erwähnt ging das zweite Buch in welcher vermutlich die Komödie behandelt worden wäre verloren. 

Habe ich alle wichtigen Konzepte in diesen Blogartikel eingefügt oder hat dir eines gefehlt? Die sprachliche Aufschlüsselung findest du in meine kompletten Zusammenfassung zur Poetik von Aristoteles. Lass mich wissen, was du aus der Lektüre dieses Buches mitgenommen und gelernt hast. Liest du lieber Theaterstücke oder Romane?

Ich freue mich sehr auf deine Anregungen und Ansichten.

Von Herzen,
Isabel

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Nebenjob für Schauspielende

15 Nebenjobs für Schauspielende

Nebenjob für Schauspielende

Autorin: Isabel Sulger Büel, veröffentlicht: 18. Februar 2021

Im deutschen Sprachraum können zwar mehr Schauspielende von ihrem Beruf Leben als anderswo, da der Partikularismus im deutschen Sprachraum in fast jedem Fürstentum zu einem Stadt- oder Staatstheater geführt hat. Aber für all jene Schauspielenden, welche in der freien Szene arbeiten und zwischen Projekten Geld verdienen müssen, sind Nebenjobs ein Thema. Deshalb habe ich hier zehn Ideen aufgeschrieben, mit denen du dich finanziell über Wasser halten kannst.

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1. Webseiten Design

Einige bekannte Berufskollegen wie zum Beispiel Gregor Altenburger oder Melanie Kurmann verdienen sich ihr Geld neben der Kunst damit, dass sie für Berufskollegen oder Produktionen, aber auch andere Kunden Webseiten bauen. Dabei können Sie die Arbeit für Ihre Kunden relativ frei einteilen. Was genügend Freiheit für das Einplanen von Schauspieltraining und Vorsprechen lässt.

2. YouTuber

Es gibt anscheinend ganz viele Schauspieler, die YouTuben. Ich kenne keinen persönlich und nur Joyce, welche einen wirklich coolen YouTube-Kanal aufgebaut hat. Das Schöne am YouTuben ist, dass deine Videos jederzeit angesehen werden können. Du also, sobald du monetisiert bist 24/7 geldverdienen kannst. Ausserdem sehen deine Zuschauer dein schauspielerisches Können und du kannst alle deine Fassetten ausleben. 

3. Kellnern / Barkeeper

Der Klassiker unter den Nebenjobs für Kunst- und Kulturschaffende ist das Kellnern. Mein Berufskollege Uwe Peter macht dies oft, um Geld zu verdienen. Er hat allerdings eine Lehre im Service und eine Hotelfachschule abgeschlossen. Ich habe selbst schon gekellnert und festgestellt, dass ich überhaupt nicht geeignet bin, aber wenn es dir liegt, wirst du darin auch erfolgreich sein. Der etwas coolere Nebenjob in dieser Branche ist der Barkeeper. Es könnte eine Alternative sein.

4. Nanny

Wenn du gerne mit Kindern arbeitest, dann könnte eine Anstellung als Nanny ein guter Nebenjob sein. Eine Berufskollegin und gute Freundin, Melanie Schütz, hat dies lange neben ihren schauspielerischen Engagements gemacht. Dabei kannst du an geregelten Tagen arbeiten, zum Beispiel Montag und Dienstag oder du kannst dies mehr als Babysitter ab und an machen. Für die Schweiz ist die Plattform Babysitting24 beliebt und in Deutschland hallobabysitter. Wenn du einfach so mit Kindern arbeiten möchtest, kannst du vielleicht bei der Firma BimBamBino arbeiten. Das hatte ich während der Schauspielschule gemacht.

5. Fotograf*in

Unsere Youtuberin Joyce hat etwas mit Fotografie studiert und deshalb ihr Geld neben der Schauspielerei als Fotografin verdient. Dabei konnte Sie auch gleich die Schauspielerfotos für ihre Berufskollegen machen. Sie hat dies als einen Katalysator gesehen, durch welche sich beide Berufe gegenseitig förderten. Wenn du dich für Fotografie interessierst, könntest du dich damit Selbständig machen.

6. Temporäragenturen

Einige meiner Berufskollegen wie zum Beispiel Nils Habermacher haben sich die Schauspielschule und auch ihren Lebensunterhalt mit Temporärstellen verdient. Dabei arbeitest du unterschiedliche Jobs, wie Regale auffüllen, Umzugshilfe, oder Promotionen. Plattformen in der Schweiz sind Coople, Adia und Adecco für Deutschland GVO.

7. Nachhilfe Unterricht

Wenn du ein Gymnasium abgeschlossen hast oder sonst dir das Vermitteln von Schulstoff liegt, könntest du auch Nachhilfe in verschiedenen Fächern geben. Für Deutschland ist Easy Tutor eine gute Adresse in der Schweiz habe ich care gefunden. 

8. Kurierdienst

Manche meiner Schauspielkollegen, wie zum Beispiel Rafael Haldenwang, arbeiteten auch im Kurierdienst. Zum Beispiel bei Veloblitz oder Farmy. Wenn du Autofahren kannst, kannst du auch mit Uber arbeiten. Mit Uber bist du sehr frei, wie und wann du arbeiten willst.  

9. Sprechcoach, Gesangscoach

Vielleicht kannst du bei einer privaten Schauspielschule Sprechunterricht geben oder dich als Sprechcoach im Internet bewerben. Dasselbe gilt für Personen mit einer Gesangsausbildung. Als Gesangslehrer oder Gesangslehrerin kannst du deine Stunden frei einteilen und flexibel Geld verdienen.

10. Bloggen

Wenn dir das Schreiben liegt und du über irgendetwas besonders gut Bescheid weisst, könntest du einen Blog aufbauen. Das ist besonders cool, weil es dein Ding ist und du auf keine Kunden warten musst. Dabei kannst du über verschiedene Plattformen Affiliate Marketing betreiben und beim Verkauf eines Produktes eine Kommission erhalten. Du brauchst einfach viel schreiben und kreativ sein. Dafür kannst du das von überall her machen.

11. Video Bearbeitung

Mischa Löwenberg, ebenfalls ein Schauspielkollege von mir hat bei einer Produktionsfirma gedrehtes Videorohmaterial gesichert und vom schweizerdeutschen ins Hochdeutsche übersetzt. Vielleicht weisst du auch wie man Videos schneidet. Dann kannst du dein Wissen auf Fiverr anbieten.

12. Promotionen

Ich weiss, dass ich Promotionen schon bei den Temporär Jobs erwähnt habe. Aber es gibt für Promotionen eigene Agenturen, bei denen du dich melden kannst. Eine Firma, bei der ich auch schon selbst gearbeitet habe, heisst USP Partner AG. Ich fand deren Schulungen und ihre Organisation sehr gut. Das wäre also auch eine Möglichkeit.

13. Stadt- und Online-Krimi

Wenn du ein sehr selbständiger Schauspieler bist und dir Rollen nach einer Beschreibung selbst erarbeiten kannst, ohne dass du geschult wirst, könnte dies ein Job für dich sein. Bei The Same Adventures GmbH bist du in einem Pool von Schauspielenden und kannst dich für Einsätze melden, an denen du spielen kannst. Dabei musst du aber sehr eigenverantwortlich arbeiten und deine Rollen selbst erarbeiten. 

Für uns Mischa Löwenberg, Melanie Schütz, Uwe Peter und mich selbst ist dieser Job ein Lückenfüller neben unseren üblichen Engagements und in Pandemie-Zeiten eine der wenigen Einnahmequellen auf unserem Beruf. Ich liebe diese Krimis.

14. Hundesitter

Annina Sonnenwald hat sich während unserer Schauspielschulzeit einen Teil ihres Lebensunterhalts mit der Betreuung von Hunden verdient. Dabei kannst du ebenfalls flexibel Geld verdienen und ein Tier geniessen. Eine Webseite zur Hundbetreuung ist petsitting24 und wieder care.

15. Regieassistenz

Einen Job, den sowohl ich noch während der Schauspielschule und meine Freundin und Berufskollegin Melanie Schütz gemacht haben, ist Regieassistenz bei Produktionen. Das coole daran ist, du verdienst Geld, lernst aber gleichzeitig viel über Methoden von Regisseuren und Schauspielenden und, wie in meinem Fall, kann dies später zu einer Anstellung als Regisseurin führen. Dann hast du quasi zwei Berufe, auf denen du arbeiten kannst, Schauspiel und Regie. Dies hat Stefan Huber lange Zeit gemacht, bis er sich definitiv für Regie entschied.

Hast du Erfahrungen mit einem der Nebenjobs, welche ich oben genannt habe oder habe ich einen Nebenjob vergessen? Welches war der beste Nebenjob, den du bis anhin hattest? Hast du einen Nebenjob, der viel mit den darstellenden Künsten zu tun hat und deine darstellende Tätigkeit befruchtet?

Ich freue mich sehr auf deine Erzählungen.

Von Herzen,
Isabel

 

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Schauspielmethoden für deine Rollenarbeit

10 Schauspielmethoden für deine Rollenarbeit

Autorin: Isabel Sulger Büel, veröffentlicht: 10. Februar 2021

Für die erarbeitung deiner Schauspielrolle habe ich hier 10 der Methoden aufgelistet, welche ich am meisten gebrauche und mir am geläufigsten sind. Du findest kurze Beschreibungen zu «Method Acting», «Meisner Technik», Biomechanik, Tier-Übungen, Rollenbiografie, Rolleninterview, Inspiration durch Adjektive, eigene Erfahrungen sammeln, Sprechtraining und Improvisation. Viel Spass und Erfolg bei der erarbeitung deiner nächsten Schauspielrolle.

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1. «Method Acting»

«Method Acting» ist wohl die bekannteste Schauspieltechnik unserer Zeit. Sie wurde von Konstantin S. Stanislawskis als Theorie niedergeschrieben. Den Durchbruch fand diese Theorie in der Schule von Lee Strasberg, welcher diese zu einer Methode für Filmschauspiel gewandelt hatte. Das Ziel dieser Methode ist es die Rolle möglichst glaubwürdig (Theaterjargon: authentisch) zu verkörpern. Dabei werden oft Erinnerungen und Erfahrungen aus dem eigenen Leben verwendet.

Die Schauspielerin oder der Schauspieler nimmt für eine bestimmte Szene eine passende Erinnerung aus ihrem oder seinem Leben und lässt diese Erinnerung während ihrem oder seinem Spiel als inneren Film ablaufen. Dabei löst die Erinnerung im besten Fall dieselben Emotionen aus, welche der Schauspieler oder die Schauspielerin im echten Leben erfahren hatte. Der Schauspieler oder die Schauspielerin reagiert dabei auf eine gemachte Erfahrung erneut und gibt dadurch seine oder ihre damals erlebten Gefühle wieder.

Schauspiel hat auf Basis dieser Methode viel mit der natürlichen Reaktion auf eine innere Vorstellung zu tun. Die Kunst ist es, sich das richtige für die Szene auszusuchen und die Durchlässigkeit, für die Reaktion darauf, zu trainieren.

2. «Meisner Technik»

Die «Meisner Technik» ist eine Weiterentwicklung des «Method Acting» von Standford Meisner. Standford Meisner war ein Schüler von Lee Strasberg. Vertreter der Meisner Technik sehen das Verwenden von echten Erinnerungen und Erfahrungen als zu gefährlich für die Schauspielenden an.

Die Gefahr für die Schauspielenden unverarbeitete Erfahrungen zu verwenden und sich dabei selbst zu verlieren ist ihrer Meinung nach zu hoch. Sie glauben, dass die reine Fantasie, die reine Vorstellung der Situation ausreicht, um eine Rolle glaubwürdig zu verkörpern. Dabei verwenden die Schauspielerinnen oder die Schauspieler möglicherweise Personen aus ihrem echten Leben, um eine fiktive, aber passende Geschichte zur Situation zu finden. Manchmal ist auch eine rein fiktive Person am besten geeignet, wie zum Beispiel den absoluten Traummann. 

Ein Beispiel aus dem Sommerkurs 2014 am Bill Esper Studio, welchen ich im Sommer besuchte, um «Meisner Technik» zu erlernen. Wir hatten die Aufgabe eine Geschichte zu einer Tätigkeit vorzubereiten, welche uns emotional berühren würde. Nach einigen gescheiterten Versuchen stellte ich mir folgendes Szenario vor. 

Da ich in New York war, stellte ich mir vor, dass meinem Vater seine Frau angerufen hätte und mir gesagt hätte, dass mein Vater einen Herzinfakt gehabt hätte und man noch nicht wisse, wie es ausgehen würde. Er werde im Spital behandelt und wir müssten warten. Diese Unsicherheit, ob er überleben oder sterben würde und die tiefe liebe zu ihm, machen mich sehr emotional (gerade sind die Tränen bei der Vorstellung davon bis zu den Augenrändern gekommen). 

Da wir zu jener Zeit einmal im Jahr eine kleine Reise machten, wollte ich ihm eine Karte mit jener Stadt basteln, zu der wir als nächstes fahren würden und ihm damit gute Besserung wünschen. Während man jetzt diese Aufgabe macht und sich diese Geschichte vorstellt, kommt der Spielpartner und fragt einen irgendwelche Fragen, welche man, soweit ich mich erinnern kann wiederholen muss. Die Übung heisst auch «Repetition».

Mich hat diese ganze Situation so sehr geärgert und aufgewühlt, dass ich zu weinen anfing. In einem schauspielerischen Sinne eine Topleistung, Susanne Esper war begeistert. Als Lektüre zur Meisner Technik kann ich das Buch «The Actor’s Art and Craft», von William Esper und Damon DiMarco sehr empfehlen.

3. Biomechanik

Die Biomechanik wurde von Konstantin S. Stanislawskis Schüler Wsewolod E. Meyerhold um 1922 entwickelt und geht in seiner Theorie und Methode vom Körper der Schauspielerinnen und Schauspieler aus. Bei dieser konstruktivistischen Schauspieltechnik erarbeiten die Schauspielenden ihre Rolle von aussen nach innen, also vom Körper zu den Emotionen. Dies ist die umgekehrte Vorgehensweise zum «Method Acting».

Da der Körper im Fokus steht, ist das Kennenlernen und das Bewusstsein für das Arbeitsinstrument für die Schauspielerinnen und Schauspieler grundlegend. «Ein solches Schauspielkonzept der Biomechanik setzt auf Sport, Akrobatik, Tanz, Rhythmik, Boxen, Fechten» [1]. Der Körper bildet die schauspielerische Grundlage und Ausgangslage.

Im Improvisationstheater arbeite ich oft vom Körper zur Szene. Es ist für mich einfacher eine Bewegung zu machen und daraus die Szene zu entwickeln. Meistens ist es eine Tätigkeit, welche durch die Eingabe des Publikums inspiriert wurde.

[1] Kotte, Andreas: Theaterwissenschaft. Eine Einführung. Köln, Weimar, Wien 2012. S. 179.

4. Tier-Übungen

Diese Übung hat Lee Strasberg von seiner Schauspiellehrerin Maria Ouspenskaya [2] erlernt und in seine Methode einfliessen lassen. Es bedeutet, dass die Schauspielerin oder der Schauspieler sich ein Tier, welches zu ihrer Rolle passt, aussucht und dessen Verhalten danach genau analysiert.

Wenn die Analyse abgeschlossen ist, spielt die Schauspielerin oder der Schauspieler das Tier nach und versetzt sich so gut er kann in sein Wesen und seine Energie. Wenn die Schauspielerin oder der Schauspieler genügend in der Energie des Tieres ist, kann er diese Stufenweise mit menschlichem Verhalten vermengen, bis nur noch ganz spezifische Verhaltensmuster des Tiers im Spiel der Schauspielenden durchscheinen.

Diese Übung gibt den Schauspielenden die Erfahrung, dass sie sich auch in Lebewesen und Energien versetzen können, welche sie selbst nicht sind. Gibt ihnen also die Erkenntnis, dass auch das Fremde spielbar ist.

[2] Wulf, Julia: Is Method Acting still the basis of successful acting in the USA? Hamburg 2014. S. 26

5. Rollenbiografie

In einer Rollenbiografie beschreibt man verschiedene Aspekte, einer zu erarbeitenden Rolle. Am einfachsten ist es mit den Fakten zu beginnen, was Merkmale wie Namen, Alter, Geschlecht, Herkunft, sozialer Status und Beruf beinhalten. Als zweites kommen dann die äusseren Eigenschaften der Figur zum Tragen, also Kleidung und aussehen. 

Als drittes die inneren Werte und Moralvorstellungen. Dann solltest du unbedingt eine Biografie deiner Figur schreiben. Diese beinhaltet zum Beispiel wo sie geboren wurde, was für eine Kindheit sie hatte, wie sie gross geworden ist, und so weiter. Weiter kann eine Rollenbiografie in der Ich-Form, also aus der Sicht der Rolle über sich selbst, hilfreich für dein besseres Verständnis sein. Zusätzlich dazu kann die Sichtweise von aussen ebenfalls hilfreich sein. Frage dich dabei wie der Lesende die Figur sieht?

Für einen detaillierten Leitfaden zur Rollenbeschreibung empfehle ich diesen von Wortwuchs.

6. Rolleninterview

Manchmal ist es einfacher ein Rolleninterview zu machen. Dabei steht der zu interviewende auf die Bühne oder in die Mitte eines Kreises und die anderen Schauspielenden fragen die zu interviewende Person zu ihrer Rolle aus. 

Dabei kann man als befragte Person in der Rolle sein oder auch nicht. Wenn man dies als Schauspielerin oder Schauspieler macht, lernt man rational etwas über seine Rolle. Wenn du dich auf das Wesen deiner Rolle einlässt und die Fragen aus deiner Rolle heraus beantwortest, entdeckst du vielleicht auch noch Gefühle oder Bewegungen, welche zuvor verborgen waren. Ich bevorzuge die zweite Variante.

Für einen detaillierten Leitfaden zu Rolleninterviews empfehle ich diesen von Sprachfoerderung.

7. Inspiration durch Adjektive

Manchmal hilft es mir auch, wenn ich bei der Rollenarbeit bestimmte Adjektive für meine Rolle heraussuche und diese in meiner Rolle ausprobiere. Diese Methode gibt mir neue Eindrücke von der Rolle und hilft mir neue Fassetten zu entdecken. Dabei kann ich auch gleich herausfinden, ob diese Fassetten passen könnten. Durch diese Methode erhalte ich mehr Klarheit über die wichtigsten Charaktereigenschaften meiner Rolle und kann diese im Spiel besser hevorheben.
 

Eine Liste von Adjektiven findest du hier bei Wortwuchs.

8. Erfahrungen sammeln

In Hollywood gehen Schauspielende manchmal soweit, dass sie sich den Erfahrungsschatz für eine Rolle, welche sie durch «Method Acting» spielen wollen, erarbeiten. Angeblich lebte Daniel Day-Lewis in der Vorbereitung auf den Film «Der letzte Mohikaner» mehrere Monate in der freien Wildnis und ass nur das Fleisch von Tieren, welche er selbst erlegt hatte. 

Für eine Rolle, in welcher ich sehr aggressiv sein musste, hatte ich den Text mehrere Male beim Boxen geübt, damit ich diese agressivität erfahren hatte und somit spielen konnte. Man kann seine Erfahrungen sehr kreativ sammlen, wichtig ist, dass es für dich stimmt.

9. Sprechtraining und Akzente

Je nach Rolle kann es passend sein, einen besonderen Akzent zu erlernen. Manchmal ist das auch eine Bedingung für eine Rolle. Da mir das erlernen eines Akzents sehr leicht fällt, findest du hier meine Strategie dazu: 

Ich suche mir eine Person, welche diesen Akzent spricht. Meistens finde ich diese auf Youtube. Dann höre ich mir den Akzent solange an, bis ich ihn nachsprechen kann. Sobald dies geht, spreche ich das was ich höre nach. Mit der Zeit kriege ich ein Gefühl für die Laute des Akzents und kann diesen auch bei anderen Worten, als den gehörten nachsprechen.

Für ein sauberes Hochdeutsch, kannst du auch bei Google das Wort, welches du lernen willst eingeben und dazu «aussprache» schreiben. Meistens kommt gleich ein Beispiel dazu, welches du dir anhören und mit dem du trainieren kannst.

Aussprache und Akzent

10. Improvisation

Die letzte Technik um eine Schauspielrolle zu erarbeiten ist die Improvisation. Dies ist ein induktive Erarbeitung einer Rolle, welche von innen nach aussen geht. In der Improvisation verwendet man die Eckdaten seiner Rolle und geht dann vom inneren Gefühl, einer inneren Inspiration oder einer Idee zur Rolle aus. 

Wenn du eine Inspiration aus dir heraus gefunden hast probierst du diese aus und schaust, wie sich diese weiterentwickelt. Deine Inspiration ist also dein Startpunkt und dann schaust du wo es dich hinzieht. Wichtig ist, dass du offen bleibst für was immer aus dir herauskommt und einfach machst, was sich richtig anfühlt, ohne dies zu überdenken.

Die Reflexion zum Geschehenen kommt nach dem du verschiedene Inspirationen ausprobiert hast und dabei herausgefunden hast, welche Ergebnisse, die du erforscht hast, sich am besten anfühlen. Wenn du dich bei den Improvisationen gefilmt hast, kannst du auch deine Aufzeichnungen ansehen und die Ergebnisse auswerten.

 
 
 

Das sind die 10 Schauspielmethoden für deine Rollenarbeit. Meine liebste Methode ist die «Meisner Technik», aber ich gebrauche auch andere Methoden von dieser Liste. Oft sind meine Rollen bei der Aufführung aus eine Mischung von mehreren dieser Methoden. Fallen dir noch mehr Schauspieltechniken ein oder hast du mit einer der Methoden besonders gute Erfahrungen gemacht? Schreibe es mir in die Kommentare. Ich freue mich von dir zu hören.

Vielleicht magst du mir deine liebste Schauspielmethode vorstellen? Dass würde mich sehr freuen. Habe ich eine vergessen, die du besonders wichtig findest? Hast du schon Erfahrungen mit gewissen Methoden gemacht, welche du mit mir teilen magst?

Ich freue mich sehr über deinen Bericht.

Von Herzen,
Isabel

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Was du für die besten Schauspielerfotos beachten musst

Schauspielerfotos Headerbild
Von März bis Mai 2020 habe ich mich intensiv mit dem Thema Schauspielerfotos auseinandergesetzt und soviel Informationen dazu gesammelt, wie ich nur finden konnte. Das wichtigste ist, dass der Fotograf oder die Fotografin dein Wesen und Aussehen auf dem Foto einfangen kann. Dann musst du aber noch beachten, dass du direkt in die Kamera schaust, dass Augenlicht in deinen Augen ist und dass du bunte Kleidung in blau, grün, violett oder rosa trägst. Weiter muss der Hintergrund unscharf sein, damit du im Fokus stehst und zur Geltung kommst.

Für erwachsene Schauspieler*innen lohnt es sich alle 12 bis 24 Monate neue Fotos zu machen. Bei Kinderschauspieler*innen sind alle 7 bis 12 Monate geeignet. Wenn du etwas äusserlich an dir veränderst, solltest du ebenfalls neue Fotos machen. Du brauchst Schauspielerfotos in erster Linie, damit Casting-Agenturen dich finden. Deine Fotos sind deine Visitenkarte und führen in erster Linie zu Filmrollen. 

Logischerweise benutze ich meine Fotos auch um mich auf Theaterrollen zu bewerben, aber da muss man früher oder später ohnehin vorsprechen gehen. Bei Filmrollen oder Werbung wird man manchmal auch ab Showreel oder Foto besetzt. Deshalb wäre es gut, wenn dein Foto dich so repräsentiert, dass man dich beim Vorsprechen wiedererkennt. Mit meinen ersten Schauspielerfotos ging ich mal an ein Vorsprechen und als ich über die Schwelle trat, sagte die Regisseurin: «Die sieht in echt ja ganz anders aus als auf dem Foto.» Wie du so eine Reaktion verhindern kannst, liest du unten.

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Autorin: Isabel Sulger Büel, veröffentlicht: 21. Januar 2021.

Keine Lust zu lesen? Schau dir das Video an.

1. Farbiges Foto

1 Schauspielerfotos von Isabel Sulger Büel
Einer meiner ersten Schauspielerfotos 2008. Auf diesem Foto war ich leider schlecht zu erkennen und die Regisseurin fand ich sah ganz anders aus als im echten Leben. © Raphael Zubler 2008
1 Schauspielerfotos von Isabel Sulger Büel
Du siehst bestimmt den Unterschied zwischen der Aussage des farbigen Fotos und des schwarz-weissen Fotos. © Raphael Zubler 2008

Ein Schauspielerfoto muss farbig sein, damit man deine Hautfarbe, deine Haarfarbe und deine Augenfarbe durch das Foto erfassen kann. Schauspielerfotos werden meistens im Hochformat geschossen und beinhalten drei Typen von Ausschnitten: Der erste Ausschnitt ist das Portrait, welches bis zur Brust geht. Der zweite Ausschnitt ist die Halbtotale (Filmsprache), welche bis zur Hüfte geht und zuletzt brauchst du ein Ganzkörperfoto. Bei der Agentur Hoestermann, haben aber sowohl Alexander Fehling als auch Elisa Plüss Querformat-Fotos im Profil.

2. Unscharfer Hintergrund

4 Schauspielerfoto Isabel Sulger Büel unscharf
Bei diesem Foto ist der Hintergrund unscharf, was mich in den Fokus rücken lässt. Zusätzlich seht ihr bestimmt den Glanz in meinen Augen. Mein Make-up besteht aus Maskara, Puder, Rouge und Lippenstift. © Evelyne Wey 2020
4 Schauspielerfoto Isabel Sulger Büel scharf
Bei diesem Foto ist der Hintergrund scharf und die Sonne hat mich zu sehr geblendet, weshalb ich meine Augen zukneife. Dass ich etwas "Krank" aussehe, liegt daran, dass mein Make-up nur aus Foundation und Maskara besteht. Etwas Rouge und Highlighter hätten dem Look gutgetan. Das war mein Fehler. © Janette Gloor 2020

Es ist total wichtig, dass der Hintergrund deiner Fotos unscharf ist, damit du im Fokus stehst. Wenn der Hintergrund scharf ist, wirkt das Foto wie ein Kunstfoto oder Ferienfoto und ist leider für dich als Schauspieler*in unbrauchbar, weil der Hintergrund zu sehr von dir als Person ablenkt. Du kommst zu wenig bis gar nicht zur Geltung. 

Deshalb ist es ein Muss, dass der Hintergrund unscharf ist. Ich persönlich mag ruhige Hintergründe lieber. Hintergründe mit zu viel Eigenleben lenken aus meiner Sicht schon wieder zu sehr von der Person ab. Auch mag ich Hintergründe weniger, bei denen man Objekte erkennt, weil sie ebenfalls zu sehr von der Person, welche im Fokus stehen sollte, ablenken. Ein bisschen Spiel im Hintergrund belebt aus meiner Sicht die Fotos.

3. Augenlicht

4 Schauspielerfoto Isabel Sulger Büel Augenlicht
Ein Foto mit viel Lichtreflexion in den Augen. © Evelyne Wey 2020
4 Schauspielerfoto Isabel Sulger Büel Augenlicht
Ein Foto mit wenig Lichtreflexion in den Augen. © Janette Gloor 2020

Bei einem Schauspielerfoto musst du in die Kamera schauen und es sollte sich Licht in deinen Augen reflektieren. Dieses Licht nennt man Augenlicht. Wenn dein Fotograf ausserhalb eines Studios arbeitet, müsst ihr die Fotos morgens oder abends schiessen, damit die Sonne in einem tiefen Winkel zur Erde steht. Die Sonne soll dir zwar in die Augen scheinen, aber dich nicht blenden. 

Ein Fotograf, der auf die benötigten Lichtumstände nicht hinweist, hat aus meiner Sicht nicht verstanden, worum es bei Schauspielerfotos geht. Achte darauf, dass deine Fotos Augenlicht enthalten. Du kannst dies auch bei anderen Schauspielerfotos überprüfen. 

4. Licht

3 Schauspielerfoto Isabel Sulger Büel Helligkeit
Ein Schauspielerfoto muss genügend Hell sein. © Clariofilm 2015
Kein Schauspielerfoto
Dies ist kein Schauspielerfoto von mir, aber es zeigt gut, wie wichtig Licht für Fotos ist. Als Variante kannst du ein Foto mit Hut machen, aber nur eines. © René Lieberherr

Neben dem Augenlicht muss das Foto genügend hell sein. Du sollst schliesslich so gut wie es nur geht zur Geltung kommen. Soweit ich von Fotografen gehört habe, sind bewölkte Tage für Foto-Sessions im freien am besten, weil dann die Sonne keine Schatten wirft. Wie gut dann Augenlicht eingefangen werden kann, weiss ich nicht. Am besten fragst du deinen Fotografen, was er dazu meint.

5. Perspektive

5 Schauspielerfoto Isabel Sulger Büel Perspektive 1
5 Schauspielerfoto Isabel Sulger Büel Perspektive 2

Für Schauspielerfotos gibt es zwei Perspektiven, welche gut geeignet sind. Einmal die frontale Perspektive, in der du gerade in die Kamera schaust und einmal ein Foto, wo man dein Gesicht ein wenig von der Seite sieht.

6. Ganzkörperfoto bedeutet von Kopf bis Fuss

5 Schauspielerfoto Isabel Sulger Büel Ganzkörper
Mein Ganzkörperfoto auf dem ich von Kopf bis Fuss zu sehen bin. © Evelyn Wey 2020
5 Schauspielerfoto Isabel Sulger Büel Ganzkörper
Ein Ganzkörperfoto, welches leider angeschnitten ist. © Clariofilm 2015

Ein Ganzkörperfoto muss den Haaransatz und die Füsse draufhaben, nur bis zu den Unterschenkeln gilt nicht. Dies wusste ich nicht und habe ich bei einer Beratung durch Stagepool erfahren. Aus meiner Sicht macht dieser Umstand total Sinn, weil ein Casting-Agent nur dadurch sehen kann, wie dein Körper wirklich gebaut ist und wie dieser vor der Kamera wirkt. 

7. Make-up vom Profi machen lassen

Schauspielerfoto Isabel Sulger Büel Make-up.
5 Schauspielerfoto Isabel Sulger Büel Perspektive 1

Meine Erfahrung ist, dass ich mit Make-up viel besser aussehe als ohne. Da ich leider immer noch sehr wenig Erfahrung mit Make-up habe, werde ich mir das nächste Mal einen Profi besorgen, auch weil mir die Fotos, welche ich bei Clario Film schiessen liess von allen meiner Schauspielerfotos am besten gefallen. Leider macht diese Firma keine Fotos mehr. 

Das Make-up muss natürlich wirken und es muss mit Puder abgedeckt werden, damit du auf dem Foto nicht glänzt. Du darfst auf keinen Fall überschminkt wirken. Wenn also ein Fotograf diese Zeilen hier liest und ein gutes Angebot mit Make-up Person machen kann, bitte melde dich bei mir.

8. Kleidung

Foto von Isabel Sulger Büel
Schauspielerfoto Isabel Sulger Büel Schwarz-Weiss

Das wichtigste an der Kleidung ist, dass sie farbig ist. Die Farben Grün, Blau, Violett und Rosa sind nach diesem Video am besten für die Kamera geeignet. Wenn du es schaust, siehst du gleich, dass Dina Moeller recht behält. Ich habe mich bei meinem letzten Fotoshooting nicht darangehalten und dummerweise weiss, rot und gelb mitgebracht. Wenn du kannst, verhindere das.

Weiter ist unifarbene Kleidung besser als solche mit Muster, weil Kleidung mit Muster ein Moiré-Effekt auslösen kann und dabei das Muster auf dem Bild zu flimmern beginnt. Die Farben Weiss und Schwarz sind Kontraste und lassen dich grösser, müde oder fahl aussehen. Deshalb sind auch diese zu vermeiden.

Suche dir deine Kleider auch nach den Rollen aus, welche du spielen willst. Ich habe bei meinen Freunden eine Umfrage gemacht, in welchen Rollen sie mich sehen und habe vor ein paar Jahren mit Urme Neumann Rollenprofile erarbeitet. Urme Neumann ist eine sehr gute Beraterin, was Schauspielfragen betrifft. Sie ist auf die Chekhov-Methode spezialisiert, berät aber auch in anderen Gebieten.

Wenn du eine Agentur hast, besprich doch auch mit deinem Agenten, was du anziehen sollst und in welchen Rollen er/sie dich sehen. Die Informationen meiner Freunde und Urme’s Beratung haben folgende Rollenprofile ergeben: die taffe Frau, die Prinzessin, die verführerische Frau und das Mädchen von nebenan.

Zusätzlich habe ich mich auch noch vom englischen Sprachraum inspirieren lassen und fand folgende drei Aspekte für Schauspielerfotos gut:

  • clean slate: so wie du ans Set kommen würdest
  • commercial headshot: lächeln, so dass die Zähne zu sehen sind
  • character headshot: Rollen, welche du gerne spielen möchtest

Aus all diesen Aspekten habe ich dann meine Kleidung ausgesucht. Wenn du dich für Kleider entschieden hast, fotografiere dich selbst in den Kleidern und schau, wie diese auf dich wirken. Möglicherweise hilft dir hier ebenfalls die Meinung deiner Freunde und deiner Agentur. Vielleicht inspirieren dich auch Fotos von anderen Schauspieler*innen, schau doch mal auf ein paar Agenturseiten nach.

9. Studio Ja oder Nein

Schauspielerfoto Isabel Sulger Büel Studio
Schauspielerfoto Isabel Sulger Büel Studio

Ob du Fotos in einem Studio schiessen willst oder nicht, ist eine Frage der Kosten. Fotografen, welche ein Studio besitzen sind aus meiner Erfahrung teurer, aber die Fotos sind klarer. Du als Person bist wirklich im Fokus, ohne dass irgendetwas von dir ablenkt. Allerdings würde ich blau oder grau für den Hintergrund verwenden, weil schwarz sehr Hart und weiss zu hell wirkt. Vielleicht hat dein Fotograf einen etwas belebten Hintergrund in seinem Studio, welchen ihr verwenden könnt. Weiter denke ich, dass es einfacher ist Augenlicht in einem Studio einzufangen, weil dort die Beleuchtung eingerichtet werden kann.

Bei Aussenaufnahmen finde ich es schwierig, wenn Hintergründe zu unterschiedliche Farben und Schattierungen aufzeigen. Ich finde, sie lenken zu sehr von der Person auf dem Foto ab. Es gibt aber auch die Möglichkeit Locations zu finden, bei denen der Hintergrund ein schönes Spiel von ähnlichen Farben bekommt. Am besten suchst du bei verschiedenen Agenturen Fotos, welche dir entsprechen, zusammen und entscheidest dich danach, ob du lieber im Freien oder in einem Studio Schauspielerfotos machen willst.

10. Dein Wesen muss eingefangen werden

Schauspielerfoto Isabel Sulger Büel Wesen
Schauspielerfoto Isabel Sulger Büel Wesen.

Die schwierigste Herausforderung für mich, war und ist es einen Fotografen zu finden, der mein Wesen einfangen kann. Dabei spielen zwei Komponenten eine Rolle, zum einen muss ich mir selbst, während der Fotosession, treu sein und zum anderen muss der Fotograf mein Wesen herauskitzeln können. 

Ich finde es deshalb wichtig, mit einem Fotografen zusammenzuarbeiten, bei dem ich mich wohl fühle und von dem ich das Gefühl habe, dass er weiss, was er macht. Sei, während einem Shooting, einfach dich selbst, fühle was gerade in dir passiert und entspanne dich. Zeige der Kamera die Bandbreite deiner Gefühle. 


Schauspielerfotos sind immer eine individuelle Angelegenheit und es gibt nur ein paar Dinge, wie der unscharfe Hintergrund und das Augenlicht, die du wirklich beachten musst. Besprich mit deinem Fotografen den Stil deiner Bilder und was du dir wünschst. Dann merkst du gleich ob ihr euch versteht und gut zusammenarbeiten könnt. Wenn dir noch etwas einfällt, dass hier gefehlt hat, schreib es mir doch bitte in die Kommentare. Ich freue mich von dir zu hören.

Kennst du einen richtig guten Fotografen für Schauspielerfotos, den du mir gerne empfehlen würdest? Das würde mir nämlich sehr helfen. Gibt es besonders angenehme oder unangenehme Shootings, welche du schon gemacht hast und du etwas gelernt hast, was du mit mir teilen willst? Ich bin froh um Tipps dazu.

Ich freue mich sehr auf deine Erzählungen.

Von Herzen,
Isabel

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