10 Schauspielmethoden für deine Rollenarbeit

Autorin: Isabel Sulger Büel, veröffentlicht: 10. Februar 2021

Für die erarbeitung deiner Schauspielrolle habe ich hier 10 der Methoden aufgelistet, welche ich am meisten gebrauche und mir am geläufigsten sind. Du findest kurze Beschreibungen zu «Method Acting», «Meisner Technik», Biomechanik, Tier-Übungen, Rollenbiografie, Rolleninterview, Inspiration durch Adjektive, eigene Erfahrungen sammeln, Sprechtraining und Improvisation. Viel Spass und Erfolg bei der erarbeitung deiner nächsten Schauspielrolle.

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1. «Method Acting»

«Method Acting» ist wohl die bekannteste Schauspieltechnik unserer Zeit. Sie wurde von Konstantin S. Stanislawskis als Theorie niedergeschrieben. Den Durchbruch fand diese Theorie in der Schule von Lee Strasberg, welcher diese zu einer Methode für Filmschauspiel gewandelt hatte. Das Ziel dieser Methode ist es die Rolle möglichst glaubwürdig (Theaterjargon: authentisch) zu verkörpern. Dabei werden oft Erinnerungen und Erfahrungen aus dem eigenen Leben verwendet.

Die Schauspielerin oder der Schauspieler nimmt für eine bestimmte Szene eine passende Erinnerung aus ihrem oder seinem Leben und lässt diese Erinnerung während ihrem oder seinem Spiel als inneren Film ablaufen. Dabei löst die Erinnerung im besten Fall dieselben Emotionen aus, welche der Schauspieler oder die Schauspielerin im echten Leben erfahren hatte. Der Schauspieler oder die Schauspielerin reagiert dabei auf eine gemachte Erfahrung erneut und gibt dadurch seine oder ihre damals erlebten Gefühle wieder.

Schauspiel hat auf Basis dieser Methode viel mit der natürlichen Reaktion auf eine innere Vorstellung zu tun. Die Kunst ist es, sich das richtige für die Szene auszusuchen und die Durchlässigkeit, für die Reaktion darauf, zu trainieren.

2. «Meisner Technik»

Die «Meisner Technik» ist eine Weiterentwicklung des «Method Acting» von Standford Meisner. Standford Meisner war ein Schüler von Lee Strasberg. Vertreter der Meisner Technik sehen das Verwenden von echten Erinnerungen und Erfahrungen als zu gefährlich für die Schauspielenden an.

Die Gefahr für die Schauspielenden unverarbeitete Erfahrungen zu verwenden und sich dabei selbst zu verlieren ist ihrer Meinung nach zu hoch. Sie glauben, dass die reine Fantasie, die reine Vorstellung der Situation ausreicht, um eine Rolle glaubwürdig zu verkörpern. Dabei verwenden die Schauspielerinnen oder die Schauspieler möglicherweise Personen aus ihrem echten Leben, um eine fiktive, aber passende Geschichte zur Situation zu finden. Manchmal ist auch eine rein fiktive Person am besten geeignet, wie zum Beispiel den absoluten Traummann. 

Ein Beispiel aus dem Sommerkurs 2014 am Bill Esper Studio, welchen ich im Sommer besuchte, um «Meisner Technik» zu erlernen. Wir hatten die Aufgabe eine Geschichte zu einer Tätigkeit vorzubereiten, welche uns emotional berühren würde. Nach einigen gescheiterten Versuchen stellte ich mir folgendes Szenario vor. 

Da ich in New York war, stellte ich mir vor, dass meinem Vater seine Frau angerufen hätte und mir gesagt hätte, dass mein Vater einen Herzinfakt gehabt hätte und man noch nicht wisse, wie es ausgehen würde. Er werde im Spital behandelt und wir müssten warten. Diese Unsicherheit, ob er überleben oder sterben würde und die tiefe liebe zu ihm, machen mich sehr emotional (gerade sind die Tränen bei der Vorstellung davon bis zu den Augenrändern gekommen). 

Da wir zu jener Zeit einmal im Jahr eine kleine Reise machten, wollte ich ihm eine Karte mit jener Stadt basteln, zu der wir als nächstes fahren würden und ihm damit gute Besserung wünschen. Während man jetzt diese Aufgabe macht und sich diese Geschichte vorstellt, kommt der Spielpartner und fragt einen irgendwelche Fragen, welche man, soweit ich mich erinnern kann wiederholen muss. Die Übung heisst auch «Repetition».

Mich hat diese ganze Situation so sehr geärgert und aufgewühlt, dass ich zu weinen anfing. In einem schauspielerischen Sinne eine Topleistung, Susanne Esper war begeistert. Als Lektüre zur Meisner Technik kann ich das Buch «The Actor’s Art and Craft», von William Esper und Damon DiMarco sehr empfehlen.

3. Biomechanik

Die Biomechanik wurde von Konstantin S. Stanislawskis Schüler Wsewolod E. Meyerhold um 1922 entwickelt und geht in seiner Theorie und Methode vom Körper der Schauspielerinnen und Schauspieler aus. Bei dieser konstruktivistischen Schauspieltechnik erarbeiten die Schauspielenden ihre Rolle von aussen nach innen, also vom Körper zu den Emotionen. Dies ist die umgekehrte Vorgehensweise zum «Method Acting».

Da der Körper im Fokus steht, ist das Kennenlernen und das Bewusstsein für das Arbeitsinstrument für die Schauspielerinnen und Schauspieler grundlegend. «Ein solches Schauspielkonzept der Biomechanik setzt auf Sport, Akrobatik, Tanz, Rhythmik, Boxen, Fechten» [1]. Der Körper bildet die schauspielerische Grundlage und Ausgangslage.

Im Improvisationstheater arbeite ich oft vom Körper zur Szene. Es ist für mich einfacher eine Bewegung zu machen und daraus die Szene zu entwickeln. Meistens ist es eine Tätigkeit, welche durch die Eingabe des Publikums inspiriert wurde.

[1] Kotte, Andreas: Theaterwissenschaft. Eine Einführung. Köln, Weimar, Wien 2012. S. 179.

4. Tier-Übungen

Diese Übung hat Lee Strasberg von seiner Schauspiellehrerin Maria Ouspenskaya [2] erlernt und in seine Methode einfliessen lassen. Es bedeutet, dass die Schauspielerin oder der Schauspieler sich ein Tier, welches zu ihrer Rolle passt, aussucht und dessen Verhalten danach genau analysiert.

Wenn die Analyse abgeschlossen ist, spielt die Schauspielerin oder der Schauspieler das Tier nach und versetzt sich so gut er kann in sein Wesen und seine Energie. Wenn die Schauspielerin oder der Schauspieler genügend in der Energie des Tieres ist, kann er diese Stufenweise mit menschlichem Verhalten vermengen, bis nur noch ganz spezifische Verhaltensmuster des Tiers im Spiel der Schauspielenden durchscheinen.

Diese Übung gibt den Schauspielenden die Erfahrung, dass sie sich auch in Lebewesen und Energien versetzen können, welche sie selbst nicht sind. Gibt ihnen also die Erkenntnis, dass auch das Fremde spielbar ist.

[2] Wulf, Julia: Is Method Acting still the basis of successful acting in the USA? Hamburg 2014. S. 26

5. Rollenbiografie

In einer Rollenbiografie beschreibt man verschiedene Aspekte, einer zu erarbeitenden Rolle. Am einfachsten ist es mit den Fakten zu beginnen, was Merkmale wie Namen, Alter, Geschlecht, Herkunft, sozialer Status und Beruf beinhalten. Als zweites kommen dann die äusseren Eigenschaften der Figur zum Tragen, also Kleidung und aussehen. 

Als drittes die inneren Werte und Moralvorstellungen. Dann solltest du unbedingt eine Biografie deiner Figur schreiben. Diese beinhaltet zum Beispiel wo sie geboren wurde, was für eine Kindheit sie hatte, wie sie gross geworden ist, und so weiter. Weiter kann eine Rollenbiografie in der Ich-Form, also aus der Sicht der Rolle über sich selbst, hilfreich für dein besseres Verständnis sein. Zusätzlich dazu kann die Sichtweise von aussen ebenfalls hilfreich sein. Frage dich dabei wie der Lesende die Figur sieht?

Für einen detaillierten Leitfaden zur Rollenbeschreibung empfehle ich diesen von Wortwuchs.

6. Rolleninterview

Manchmal ist es einfacher ein Rolleninterview zu machen. Dabei steht der zu interviewende auf die Bühne oder in die Mitte eines Kreises und die anderen Schauspielenden fragen die zu interviewende Person zu ihrer Rolle aus. 

Dabei kann man als befragte Person in der Rolle sein oder auch nicht. Wenn man dies als Schauspielerin oder Schauspieler macht, lernt man rational etwas über seine Rolle. Wenn du dich auf das Wesen deiner Rolle einlässt und die Fragen aus deiner Rolle heraus beantwortest, entdeckst du vielleicht auch noch Gefühle oder Bewegungen, welche zuvor verborgen waren. Ich bevorzuge die zweite Variante.

Für einen detaillierten Leitfaden zu Rolleninterviews empfehle ich diesen von Sprachfoerderung.

7. Inspiration durch Adjektive

Manchmal hilft es mir auch, wenn ich bei der Rollenarbeit bestimmte Adjektive für meine Rolle heraussuche und diese in meiner Rolle ausprobiere. Diese Methode gibt mir neue Eindrücke von der Rolle und hilft mir neue Fassetten zu entdecken. Dabei kann ich auch gleich herausfinden, ob diese Fassetten passen könnten. Durch diese Methode erhalte ich mehr Klarheit über die wichtigsten Charaktereigenschaften meiner Rolle und kann diese im Spiel besser hevorheben.
 

Eine Liste von Adjektiven findest du hier bei Wortwuchs.

8. Erfahrungen sammeln

In Hollywood gehen Schauspielende manchmal soweit, dass sie sich den Erfahrungsschatz für eine Rolle, welche sie durch «Method Acting» spielen wollen, erarbeiten. Angeblich lebte Daniel Day-Lewis in der Vorbereitung auf den Film «Der letzte Mohikaner» mehrere Monate in der freien Wildnis und ass nur das Fleisch von Tieren, welche er selbst erlegt hatte. 

Für eine Rolle, in welcher ich sehr aggressiv sein musste, hatte ich den Text mehrere Male beim Boxen geübt, damit ich diese agressivität erfahren hatte und somit spielen konnte. Man kann seine Erfahrungen sehr kreativ sammlen, wichtig ist, dass es für dich stimmt.

9. Sprechtraining und Akzente

Je nach Rolle kann es passend sein, einen besonderen Akzent zu erlernen. Manchmal ist das auch eine Bedingung für eine Rolle. Da mir das erlernen eines Akzents sehr leicht fällt, findest du hier meine Strategie dazu: 

Ich suche mir eine Person, welche diesen Akzent spricht. Meistens finde ich diese auf Youtube. Dann höre ich mir den Akzent solange an, bis ich ihn nachsprechen kann. Sobald dies geht, spreche ich das was ich höre nach. Mit der Zeit kriege ich ein Gefühl für die Laute des Akzents und kann diesen auch bei anderen Worten, als den gehörten nachsprechen.

Für ein sauberes Hochdeutsch, kannst du auch bei Google das Wort, welches du lernen willst eingeben und dazu «aussprache» schreiben. Meistens kommt gleich ein Beispiel dazu, welches du dir anhören und mit dem du trainieren kannst.

Aussprache und Akzent

10. Improvisation

Die letzte Technik um eine Schauspielrolle zu erarbeiten ist die Improvisation. Dies ist ein induktive Erarbeitung einer Rolle, welche von innen nach aussen geht. In der Improvisation verwendet man die Eckdaten seiner Rolle und geht dann vom inneren Gefühl, einer inneren Inspiration oder einer Idee zur Rolle aus. 

Wenn du eine Inspiration aus dir heraus gefunden hast probierst du diese aus und schaust, wie sich diese weiterentwickelt. Deine Inspiration ist also dein Startpunkt und dann schaust du wo es dich hinzieht. Wichtig ist, dass du offen bleibst für was immer aus dir herauskommt und einfach machst, was sich richtig anfühlt, ohne dies zu überdenken.

Die Reflexion zum Geschehenen kommt nach dem du verschiedene Inspirationen ausprobiert hast und dabei herausgefunden hast, welche Ergebnisse, die du erforscht hast, sich am besten anfühlen. Wenn du dich bei den Improvisationen gefilmt hast, kannst du auch deine Aufzeichnungen ansehen und die Ergebnisse auswerten.

 
 
 

Das sind die 10 Schauspielmethoden für deine Rollenarbeit. Meine liebste Methode ist die «Meisner Technik», aber ich gebrauche auch andere Methoden von dieser Liste. Oft sind meine Rollen bei der Aufführung aus eine Mischung von mehreren dieser Methoden. Fallen dir noch mehr Schauspieltechniken ein oder hast du mit einer der Methoden besonders gute Erfahrungen gemacht? Schreibe es mir in die Kommentare. Ich freue mich von dir zu hören.

Vielleicht magst du mir deine liebste Schauspielmethode vorstellen? Dass würde mich sehr freuen. Habe ich eine vergessen, die du besonders wichtig findest? Hast du schon Erfahrungen mit gewissen Methoden gemacht, welche du mit mir teilen magst?

Ich freue mich sehr über deinen Bericht.

Von Herzen,
Isabel

1 Kommentar zu „10 Schauspielmethoden für deine Rollenarbeit“

  1. Hallo Isabel,
    vielen Dank für Deine Mühe und Verlinkung, die umfangreiche Methodik mit uns zu teilen.
    Ich denke, dass sie mir weiterhelfen wird. Ich bin zwar nicht als Schauspielerin unterwegs, aber ich denke, dass sie mir bei meinem Vorhaben helfen könnte.
    Liebe Grüße von der Franzi

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